Süßwasser als planetare Grenze: Das blaue und das grüne Wasser
Die Verfügbarkeit von Süßwasser und feuchter, temperierter Luft ist für Menschen, Pflanzen und viele anderen Lebewesen von großer Bedeutung. Bisher nahmen Forschende an, dass wir die planetare Belastungsgrenze für den Wasserhaushalt der Erde noch nicht überschritten haben. Doch nun zeigt sich, dass das sogenannte "grüne Wasser" zunehmend knapp wird. Beim Wasser in Flüssen, Seen und Grundwasser sieht die Situation zur Zeit immerhin noch besser aus.
Wissenschaftler:innen unterteilen die Süßwasservorkommen der Erde in zwei verschiedene Kategorien: Das blaue und das grüne Wasser. Zum “blauen Wasser” gehören das Wasser in Flüssen und Seen, das Grundwasser sowie das Wasser, das in Gletschern und den Polkappen als Eis gespeichert ist. Auch in Pflanzen, im Boden und im Regen befindet sich Süßwasser – Fachleute sprechen hier vom “grünen Wasser”.
Die planetare Grenze für grünes Wasser aus Regen, Bodenfeuchte und Verdunstung, das Pflanzen zur Verfügung steht, ist bereits überschritten. Das stellte ein internationales Team von Wissenschaftler:innen unter Leitung des Stockholm Resilience Center 2022 fest. Die globalen Veränderungen der Bodenfeuchte haben sich demnach bereits stark von den Bedingungen des Holozäns entfernt – dem geologischen Erdzeitalter, in dem sich seit ca. 11.000 Jahren die menschliche Zivilisation entwickelt – und liegen damit außerhalb des sicheren Handlungsrahmens.
Nicht immer sind die Böden ungewöhnlich trocken, sondern auch ungewöhnlich feuchte Böden treten nun häufiger auf. Beim Süßwasser, das aus Flüssen, Seen und dem Grundwasser geschöpft wird – dem sogenannten „blauen Wasser“ – sieht es hingegen besser aus: Diese Ressource befindet sich laut den bisherigen Erkenntnissen noch im sicheren Bereich, auch wenn viele Flüsse in ökologisch schlechtem Zustand sind, etwa weil sie mit Nährstoffen überdüngt oder zu hoch mit Schadstoffen belastet werden.
Der Wasserkreislauf hat sich stark verändert
Der Amazonas ist der größte Regenwald der Erde und gilt als die grüne Lunge des Planeten. Er trägt zur Regulation des Klimas bei und speichert große Mengen CO2 in Form von Kohlenstoff. Damit der Regenwald überlebt, braucht er genügend Feuchtigkeit. Allerdings trocknen durch den Klimawandel und durch Abholzung die Böden aus und durch den Verlust der Vegetation im Regenwald wird der regionale Wasserkreislauf aus Verdunstung und Niederschlag irreversibel zerstört.
Sollte der Amazonas seinen Kipppunkt erreichen, wird der Regenwald zu einer Savanne und entwickelt sich von einer Senke zu einer Quelle zusätzlicher Treibhausgase. Denn das in den Pflanzen und im Boden gespeicherte CO2 würde wieder freigesetzt. Die planetare Belastungsgrenze fürs Süßwasser ist wegen dieser Rückkopplung also auch für das Klima sehr wichtig.
Wasserhaushalt und Klimakrise sind eng verknüpft
Auch für die Anpassung von uns Menschen an den Klimawandel ist der Wasserhaushalt entscheidend – sowohl der globale wie der regionale. Speichern Städte zu wenig Wasser, weil es kaum Parks, Grünflächen und Gewässer gibt und Regenwasser über versiegelte Böden direkt verdunstet oder schnell aus der Stadt fließt, heizen sie im Sommer stärker auf und werden schneller zu Hitzeinseln. Starke Hitze in den Städten beeinträchtigt die Bewohner:innen enorm und kann zu vorzeitigen Todesfällen führen – gerade bei sehr jungen, älteren und vorerkrankten Menschen.
Wie kommen wir zurück in den sicheren Bereich?
Um die planetare Wasser-Grenze einzuhalten, können wir
- die Entwaldung stoppen – denn Pflanzen halten den Wasserkreislauf aufrecht.
- Wasser sorgsamer und effizienter nutzen und die Nutzung regional an den sich nachhaltig erneuerbaren Ressourcen ausrichten.
- den Wasserhaushalt in der Landschaft so schützen, dass es eine nachhaltige Balance aus Verdunstung, Versickerung und Abfluss gibt.
- die Verschmutzung der Oberflächengewässer und des Grundwassers stoppen.
Das sind nur zwei Beispiele für die enge Beziehung zwischen Wasserhaushalt und Klima. Wasser ist wichtig für das Wachstum von Pflanzen, die mit Photosynthese CO2 aus der Luft aufnehmen. Es ist wichtig für das Leben im Boden, wo CO2 als Kohlenstoff eingelagert wird, Biomasse entsteht und Nährstoffe langfristig festgelegt werden. Und Wasser ist wichtig, weil es verdunstet und damit Temperaturen reguliert und das Wettergeschehen steuert. Denn wenn sich Niederschläge regional verringern, wird auch die Luft lokal weniger abgekühlt.
Wasser als Ressource schätzen und intelligenter nutzen
Damit sich die Situation nicht weiter verschärft, müssen wir unsere Wälder, Böden und den Landschaftswasserhaushalt schützen. Zudem heißt es, Wasser als Ressource neu zu denken und intelligenter zu nutzen. Wir können weniger stark verschmutztes Wasser aus Haushalten und Industrie mehrfach verwenden, Regenwasser sammeln und speichern und Parks und grüne Flächen in Städten so anlegen, dass sie wie ein Schwamm Wasser speichern und kontrolliert abgeben. Außerdem können wir Landwirtschaft so betreiben, dass sie sich am nachhaltig erneuernden, regionalen Wasserdargebot ausrichtet. Wichtig ist auch, dass weniger Wasser für die Produktion von Konsumprodukten verbraucht wird (sogenanntes "virtuelles" oder "verstecktes" Wasser).
Wissenschaftliche Fachlektorat: Dietrich Borchardt, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
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