Der Klimawandel als planetare Belastungsgrenze
Hitzewellen, Überflutungen und Dürren: Der globale Klimawandel schreitet voran und die Folgen machen sich auch in Deutschland zunehmend bemerkbar. Mit jedem Zehntelgrad Celsius Erwärmung steigt die Gefahr von abrupten und irreversiblen Veränderungen des Erdsystems. Bereits eine Zunahme von weniger als 2 Grad Celsius erhöht das Risiko für Umwelt und Gesellschaft immens. Die planetare Grenze gilt als überschritten.
Vor rund 30 Jahren haben sich fast alle Staaten der Erde in der UN-Klimarahmenkonvention darauf verständigt, den Klimawandel aufzuhalten, um das Risiko von gefährlichen Veränderungen im Erdsystem zu vermeiden. Denn der Temperaturanstieg könnte die Lebensgrundlagen für viele hundert Millionen Menschen zerstören. Besonders Menschen in den Küstenregionen und Gebieten, die heute schon unter Trockenheit leiden, wären davon betroffen, aber auch die Bewohner:innen von Städten.
Der Klimawandel gehört im Konzept der planetaren Grenzen zu den drei wichtigsten Faktoren für unsere Zukunft – neben dem Verlust der Biodiversität und der Verbreitung neuer Substanzen wie Chemikalien und Plastik in der Umwelt.* Neueste Erkenntnisse des IPCC aus dem Jahr 2022 legen nahe, dass die planetare Belastungsgrenze für den Klimawandel bereits überschritten ist und wir Menschen dringend handeln müssen, um in einen sicheren Rahmen zurückzukehren.
Durch unsere Emissionen aus der Energieproduktion, dem Verkehr, der Landwirtschaft und anderen Lebensbereichen liegt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre heute bereits deutlich höher als zuvor.
Schon heute zeigen Extremwetterereignisse wie die Hitzewelle in Indien im Frühjahr 2022 mit Temperaturen um 50°C, die Waldbrände weltweit oder die Flutkatastrophe in Deutschland 2021, wie wir Menschen uns selbst an die eigene Belastungsgrenze führen, und das bei einem Anstieg der globalen Mitteltemperatur von 1,2 Grad Celsius (was erst einmal nach gar nicht so viel klingt). Da die Temperatur weder räumlich noch zeitlich gleichmäßig ansteigt, kann so ein Temperaturanstieg, wie wir bereits sehen, gravierende Folgen haben.
Wenn wir die planetare Klima-Grenze weiter überschreiten, könnte das abrupte Veränderungen im Klimasystem auslösen. Bereits bei einer Zunahme der Temperatur von 1,5 bis 2 Grad Celsius – wovon wir nicht mehr weit entfernt sind – werden voraussichtlich Rückkopplungsprozesse im Erdsystem angestoßen, die den Klimawandel weiter verschärfen und nicht mehr beherrschbar machen, sogenannte Kipppunkte des Klimasystems.
Der Treibhauseffekt: Was den Klimawandel antreibt
Treiber des Klimawandels ist die Zunahme von Treibhausgasen, also die steigende Konzentration von CO2 und anderen Gasen wie etwa Methan in der Atmosphäre. Sie halten Wärmestrahlung in der Atmosphäre fest und verändern so die Energiebilanz der Erde – Fachleute sprechen von einem erhöhten Strahlungsantrieb. Das bedeutet, dass weniger von der Wärme, die durch Sonnenstrahlen auf der Erde entsteht, wieder durch die Atmosphäre entweichen kann.
Den sogenannten Treibhauseffekt hat es schon immer gegeben und er hilft, die Temperatur auf der Erde auf einem Niveau zu halten, das Leben ermöglicht. Wie beim Glasdach eines Gewächshauses kommen Sonnenstrahlen in die Atmosphäre hinein, aber ein Teil der Wärme nicht mehr heraus.
Wenn wir aber den Treibhausgaseffekt verstärken, indem wir zusätzliche Treibhausgase wie CO2 und Methan in die Atmosphäre ausstoßen, wird es wärmer. Was Tomaten und anderes Gemüse lokal besser wachsen lässt, kann auf globaler Ebene desaströse Folgen haben, denn Treibhausgase verstärken den Treibhauseffekt und können die Atmosphäre stark aufheizen.
Wie kommen wir zurück in den sicheren Bereich?
Um diese planetare Grenze einzuhalten, müssen wir Menschen den anthropogenen Ausstoß von Kohlendioxid auf Netto-Null reduzieren.
Das heißt, dass wir zukünftig keine fossilen Energieträger mehr verwenden, indem wir Energieformen wie Windkraft, Solaranlagen, Wasserkraft oder Geothermie nutzen. Wenn wir Emissionen gar nicht vermeiden können, müssen wir sie wieder aus der Atmosphäre entfernen (sogenannte negative Emissionen).
Es geht darum, schnellstmöglich eine klimaneutrale Gesellschaft zu entwickeln, um langfristig in einen sicheren Handlungsrahmen für die menschliche Zukunft zurückzukehren.
Die Venus als "Supertreibhaus"
Auf einem unserer Nachbarplaneten, der Venus, besteht die Atmosphäre zum Beispiel zu über 96 Prozent aus dem Treibhausgas Kohlendioxid. Das ist so viel CO2, dass selbst die dichten Wolken – die 95 Prozent des einfallenden Sonnenlichts reflektieren – nicht verhindern können, dass sich der Planet massiv aufheizt, auf bis zu 465 Grad Celsius. Bei uns auf der Erde ist CO2 dagegen ein Spurengas und macht weniger als 0,05 Prozent der Luft aus – etwa 400 Teile pro Millionen Moleküle in der Luft.
Wie es zu diesem „gigantischen Treibhauseffekt“ auf der Venus kam, ist laut der Europäischen Weltraumagentur ESA noch nicht vollständig verstanden – aber klar ist, dass das viele CO2 in der Atmosphäre zu diesen hohen Temperaturen führt. Auf der Erde haben wir bisher glücklicherweise erstmal kein solches Höllenszenario zu erwarten – doch die Venus demonstriert eindrucksvoll, was ein extremer Treibhauseffekt bewirken kann.
Wissenschaftliches Fachlektorat: Tido Semmler, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
* Interview mit Johan Rockström bei Living on Earth (2016).
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