Wie sich mit CO2 Geld verdienen ließe
Die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre ist eine Möglichkeit zum Klimaschutz. Erste Projekte entstehen, es gibt aber noch Forschungsbedarf und für die Anrechnung fehlen Standards. Langfristig könnten für manche Staaten und Branchen wie die Landwirtschaft neue Geschäftsmodelle entstehen.
Die Liste der Länder, die ein Netto-Null Ziel für ihre Emissionen haben, ist in der ersten Woche in Glasgow erneut länger geworden. Nachdem nun auch Indien ein solches Ziel hat und bis 2070 klimaneutral werden möchte, sind 84 Prozent der globalen CO2-Emissionen durch Netto-Null-Zusagen abgedeckt. Dennoch erhält das „Netto“ in diesen Zielen noch immer wenig Aufmerksamkeit. Netto bedeutet, dass es trotz aller Bemühungen bei der Minderungen von Emissionen auch künftig weiterhin Restemissionen geben wird. Diese können jedoch ausgeglichen werden. Das CO2 könnte zum Beispiel in Wäldern, Böden oder Biomasse der Meere gebunden werden, hier spricht man von naturbasierten Lösungen. CO2 ließe sich aber auch technisch aus der Atmosphäre filtern und anschließend in den Untergrund verpressen.
Bislang geben Staaten jeweils ein einziges Nettoziel bekannt. Grundsätzlich könnten sie ihre Ziele aber auch aufteilen: in ein Ziel für die Reduktion der Emissionen und in ein Ziel für die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre. „Wenn man die Ziele nicht aufteilt, ist es zu einfach Emissionen zu verstecken“, sagt David Keller vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Wenn man aber zwei Ziele hat, kann man sich einerseits auf die Emissionsreduktion und andererseits auf die CO2-Entnahme konzentrieren.“
Wissenschaftliche Veröffentlichung
Projekte der Helmholtz-Klima-Initiative
Projekte der Helmholtz-Klima-Initiative
Naturbasierte und technische Verfahren
Spätestens dann beginnt die Diskussion, welche Methoden der CO2-Entnahme zum Einsatz kommen sollen: die naturbasierten wie die Aufforstung von Wäldern oder die Wiedervernässung von Mooren, das Unterackern von Biokohle oder das Ausbringen von Gesteinsmehl.
Oder die technischen Lösungen wie CCS (Carbon Capture and Storage), wobei CO2 unter die Erde verpresst wird. In vielen Ländern sehen die Menschen CCS allerdings kritisch. Keller glaubt, dass verschiedene Methoden zum Einsatz kommen werden. „Es gibt Grenzen bei jedem Ansatz. Wenn die CO2-Entnahme in der nötigen Größenordnung gemacht wird, werden wir daher ein Portfolio an Ansätzen sehen. Jedes Land wird sich fragen: Was sind unsere Möglichkeiten?“
Island speichert CO2 im Gestein
Während die Diskussion um die Methoden für die CO2-Entnahme noch in den Kinderschuhen steckt, wird in Glasgow bereits über den Handel mit negativen Emissionen diskutiert. So steht in Island die derzeit größte Anlage, mit der CO2 aus der Luft extrahiert und anschließend im Untergrund innerhalb weniger Jahre mineralisiert und so für Jahrtausende gebunden wird. Noch speichert diese Anlage nur 4.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, aber dank der großen Ressourcen an erneuerbaren Energien auf der Vulkaninsel ließe sich die CO2-Entnahme in Island massiv ausbauen. Sobald das Land netto-negative Emissionen hat, könnte es diese an andere Staaten verkaufen.
Wie die Entnahmen und Einsparungen im Verkäufer- und Käuferland angerechnet werden, ist derzeit Gegenstand der Verhandlungen in Glasgow. „Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es objektiver und transparenter Berechnungsmethoden bedarf“, schrieben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) schon in einem Aufsatz im März. Wenn sich Staaten zum Beispiel die Kohlenstoffbindung in Wäldern, Holzprodukten und in der Landwirtschaft anrechnen lassen wollten, müsse berücksichtigt werden, dass dort das CO2 nur für eine begrenzte Zeit gespeichert werde. Für die EU hat die Kommission angekündigt, Ende 2022 einen Vorschlag für einen eigenen Rechtsrahmen zur Zertifizierung der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre innerhalb Europas vorzuschlagen. Für die Landwirtschaft soll so nach dem Willen Brüssels ein neues Geschäftsmodell entstehen.
(Mitarbeit: Manuel Berkel)