Denise Müller-Dum und Jens Kube

Plastikfressende Bakterien

Forschende suchen nach Bakterien, die Kunststoffe verdauen können – und nach Wegen, diese Fähigkeit technisch zu nutzen. Könnte das unser Plastikproblem lösen?

Kunststoffe verrotten nur sehr langsam: Einmal in die Umwelt gelangt, überdauern sie dort viele Jahre bis Jahrhunderte. Doch rund um den Globus forschen Wissenschaftler:innen an Mikroorganismen, die Plastik zersetzen können. So identifizierten japanische Forschende im Jahr 2016 ein Bakterium, das den ‚Plastikflaschen-Kunststoff‘ PET (Polyethylenterephthalat) als Hauptnahrungsquelle nutzen kann. Auch das Bakterium Rhodococcus ruber lässt sich laut einer niederländischen Studie bestimmte Kunststoffe schmecken. Einige in Seen vorkommende Bakterien scheinen im Wasser gelöste Plastikreste sogar natürlicher Nahrung vorzuziehen.

Den Plastikhunger technisch nutzen

Das Vermögen bestimmter Bakterien, Kunststoffe abzubauen und darauf zu wachsen, lässt sich auch technisch nutzbar machen. Am Forschungszentrum Jülich untersuchen Wissenschaftler:innen zum Beispiel, wie Bakterien Plastikreste in nutzbare Rohstoffe verwandeln. Die Gruppe um den Biotechnologen Nick Wierckx spricht von Bio-Upcycling: „Was wir damit meinen, ist, dass wir Kunststoffe in etwas ganz anderes umwandeln“, so Wierckx. Das Plastik wird zu diesem Zweck geschreddert, mit Wasser vermischt und chemisch vorbehandelt. Das Bakterium Pseudomonas kann auf dieser Plastiksuppe wachsen – und produziert dabei Moleküle, die wiederum als Bausteine für andere synthetische Materialien dienen können, etwa für Klebstoffe. Industriell genutzt wird das Verfahren noch nicht.

Anders bei dem französischen Start-Up-Unternehmen Carbios: Es verwendet ein bakterielles Enzym – also einen Stoff, den die Mikroorganismen zur Beschleunigung von Reaktionen nutzen –, um PET vollständig zu recyceln. Erste Schritte bei der Bekämpfung der Plastikflut mithilfe von Bakterien sind also getan. Komplett lösen werden sie das Plastikproblem aber wohl nicht: Forschende mutmaßen, dass die Bakterien nur begrenzt zum Einsatz kommen werden – etwa in Kläranlagen.

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