12.03.2024
Denise Müller-Dum und Jens Kube

Warum die Verkehrswende nicht nur dem Klima hilft

Ohne ein grundsätzliches Umsteuern im Bereich Verkehr kann Deutschland sein Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, nicht erreichen. Eine echte Verkehrswende könnte weitere Vorteile mit sich bringen.

Abgase, Lärm, Unfälle, Mikroplastik, Feinstaub und Platznot: Das Thema Verkehr sorgt bei vielen Menschen für Frust. Auch mit Blick auf Deutschlands Klimaziele gibt der Sektor kein gutes Bild ab: Laut dem vom Umweltbundesamt herausgegebenen Projektionsbericht 2023 wird der Verkehrssektor die bis 2030 festgelegten Ziele des Klimaschutzgesetzes jedes Jahr verfehlen.

Die Bundesrepublik will bis 2045 klimaneutral sein – was nur zu schaffen ist, wenn der Verkehrssektor mitzieht. Denn dieser erzeugt fast ein Viertel  der deutschen Treibhausgas-Emissionen, wobei rund 60 Prozent davon auf PKW und Motorräder entfallen.  Von den knapp 50 Millionen zugelassenen PKW im Land sind mehr als 90 Prozent Benziner oder Dieselautos, die beim Fahren Kohlendioxid ausstoßen.  Zwar werden die verwendeten Antriebe immer effizienter, allerdings nimmt der PKW-Verkehr auch zu.  

Vielfacher Nutzen einer Verkehrswende

Bei der Verkehrswende geht es einerseits darum, Verbrenner durch Elektroautos zu ersetzen. Diese sind nicht nur effizienter, sondern lassen sich mit Strom aus erneuerbaren Quellen betreiben – dann fährt das Auto CO₂-frei.  Aber: "Die Antriebswende allein wird zur Erreichung der Ziele bis 2030 nicht ausreichen", sagt Verkehrsforscher Florian Koller vom Institut für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin. Es braucht zusätzlich eine Mobilitätswende: Eine attraktivere Infrastruktur für Fußwege, Fahrrad, Bus und Bahn soll Menschen motivieren, statt dem Auto andere Mobilitätsformen zu nutzen.

Vielerorts ist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wenig attraktiv. Besonders im ländlichen Raum fahren Busse und Bahnen selten, und oft dauert die Reise deutlich länger als mit dem Auto. Darum soll der ÖPNV ausgebaut werden. Hinzu kommen vor allem in den Städten individuelle Fortbewegungsoptionen durch Fahrräder, E-Scooter oder Carsharing. Auf dem Land könnten Fahrgemeinschaften oder Bedarfsbusse das Spektrum erweitern. E-Bikes ermöglichen weitere Strecken als klassische Fahrräder. Zusätzlich könnten bestehende Konzepte durch Apps zur individuellen Optimierung des Verkehrsmittels weiterentwickelt werden.

Ein attraktiverer ÖPNV könnte die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs reduzieren, wie Computermodelle zeigen:  Damit simulieren Forschende, wie sich bestimmte politische Maßnahmen auf die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs auswirken würde. Außerdem müsse über die Gründe für den Verkehr gesprochen werden, sagt Florian Koller: "Verkehr ist in den allermeisten Fällen kein Selbstzweck." So lasse sich durch Arbeit im Homeoffice Pendelverkehr vermeiden – wie die Corona-Pandemie eindrücklich zeigte.

Neben dem Klimaschutz dürfte die Verkehrswende weiteren Nutzen bringen: Sie könnte die Verkehrssicherheit verbessern und die urbane Luftverschmutzung reduzieren. Gleichzeitig sollen der durch das Verschwinden von Autos freiwerdende Platz und der sinkende Lärmpegel die Aufenthaltsqualität in den Städten verbessern.

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