20.08.2020
Sarah Werner

Kühlen fürs Klima

Viel Hitze, viel Sonne, kaum Regen – selten war es so warm und trocken wie in den letzten zweieinhalb Jahren. Eine Erleichterung des Alltags waren für viele Menschen Klimaanlagen. Doch die wirken sich negativ auf den Treibhauseffekt aus. Sie verbrauchen viel Energie und sind damit für einen hohen Ausstoß von Kohlendioxid verantwortlich. Klimaanlagen haben weltweit etwa eine Gigatonne dieses Klimakillers verursacht. Direct Air Capture-Technologien könnten diesen negativen Effekt jedoch verringern. Sie nutzen die Luftumwälzung der Anlage, um Kohlendioxid aus der Umgebungsluft zu filtern – und daraus lassen sich beispielsweise synthetische Kraftstoffe herstellen.

Die globale Erwärmung zu stoppen, ist eine Mammutaufgabe für die Menschheit. Es wird nicht ausreichen, den vom Menschen verursachten Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern. Die Mengen, die bereits in der Atmosphäre sind und die in den kommenden Jahren unweigerlich hinzukommen, sind zu gewaltig. „Deshalb müssen wir der Atmosphäre auch aktiv Treibhausgase entziehen“, sagt Professor Roland Dittmeyer, Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie. Und diese Verringerung von Kohlendioxid fällt laut Weltklimarat nicht zu knapp aus: „Bis 2100 müssen wir aus der Atmosphäre bis zu 1000 Gigatonnen Kohlendioxid herausfiltern, das sind 1000 Milliarden Tonnen“, fügt Dittmeyer hinzu. „Nur so können wir die verbleibenden Emissionen ausgleichen und die globale Erwärmung bei 1,5 Grad Celsius halten.“

Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie.
Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie.
Prof. Dr. Roland Dittmeyer
©
KIT

CO2 als Baustein für klimaneutrale Kraftstoffe

Forscher weltweit arbeiten derzeit an Technologien, um diese Herausforderung zu bewältigen. Dittmeyers Team in Karlsruhe hat dabei kleine Alltagsgeräte im Blick, die einen großen Beitrag leisten können: Klimaanlagen. Mit so genannten Direct Air Capture-Technologien (DAC) wollen sie das Kohlendioxid (CO2) aus der angesaugten Umgebungsluft direkt im Gerät einfangen. Dort ist ein Filter installiert, der den kompletten Luftstrom durchlässt, das enthaltene Kohlendioxid aber durch chemische Reaktionen an sich bindet. Zurück bleibt reines CO2.

Das eingefangene Kohlendioxid wiederum kann anschließend unterschiedliche Zwecke erfüllen. Es lässt sich etwa als flüssige Kraftstoffe oder synthetisches Öl aufbereiten und in Verbrennungsmotoren nutzen.

Ein ganz wichtiger Baustein für ein künftiges klimafreundliches Energiesystem, wie Dittmeyer betont: „Wenn wir Kohlendioxid direkt aus der Umgebungsluft nutzen, um Kraftstoffe chemisch herzustellen, können wir große Mengen an neuen Treibhausemissionen vermeiden.“ Denn das Treibhausgas wird im Kreislauf genutzt. So könnten beispielsweise alleine in der EU etwa 700 Millionen Tonnen CO2 in Lüftungsprozessen eingespart werden, was 17 Prozent der jährlichen Treibhausgas-Emissionen der EU-Staaten entspricht.

Allerdings benötigen DAC-Verfahren viel Energie, um ausreichend Luft anzusaugen und das CO2 zu filtern. „Diese Energie muss unbedingt CO2-frei produziert worden sein, damit das DAC-Verfahren der Atmosphäre wirklich Emissionen entzieht“, sagt Dittmeyer. „Wir müssen also intensiv die erneuerbare Stromerzeugung vorantreiben, unter anderem in dem wir auf Photovoltaik in Gebäuden setzen.“ Nur so lasse sich CO2-neutral die Energie gewinnen, mit der dann die Direct-Air-Technologie arbeiten könne.

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Für die Helmholtz-Klima-Initiative erforscht Dittmeyer die technologische Machbarkeit von DAC-Verfahren. Er will herausfinden, wie sich solche Technologien direkt in kompakte Klima- und Lüftungsanlagen einbauen lassen, ohne dass einzelne DAC-Anlagen aufwendig in vorhandene Kühlsysteme eingepasst werden müssen. Hierfür entwickelt er mit seinem Team einen Prototyp. Dabei geht es auch um systemische, soziale und gesetzgeberische Fragen. „Wir wollen einzelne Akteure dabei unterstützen, aktiv das Klima zu schützen, indem sie CO2 zum Beispiel in regenerative Kraftstoffe umwandeln“, sagt Dittmeyer.

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