Welt steuert auf 2,7 Grad zu
Zwei Berichte, eine Warnung: Kurz vor Beginn des Weltklimagipfels bestätigen die Vereinten Nationen einmal mehr, dass die Welt noch längst nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad ist. Bis 2030 müssten die globalen Emissionen dafür nahezu halbiert werden.
Mit den aktuellen Klimaschutzversprechen wird sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts um 2,7 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau erwärmen. Das teilte das Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) am Montag mit. „Die Unterzeichnerstaaten müssen ihre Klimaschutzbemühungen dringend verdoppeln, wenn sie den globalen Temperaturanstieg über die Ziele des Pariser Abkommens hinaus verhindern wollen“, sagte UNFCCC-Generalsekretärin Patricia Espinosa. Zuvor hatte das Klimasekretariat die nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) der Unterzeichnerstaaten des Paris-Abkommens analysiert, die bis 12. Oktober eingegangen waren.
Nach den jüngsten Klimaversprechen von 192 Staaten werden die Treibhausgasemissionen bis 2030 aber nicht sinken, sondern sogar steigen – um voraussichtlich 4,7 Prozent gegenüber 2019.
Eine ganz ähnliche Bilanz zog am Dienstag der jährliche Emissions Gap Report 2021 des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). Der Bericht soll die Lücke bemessen, die zwischen den Klimaschutzversprechen und den nötigen Anstrengungen liegt, um auf Pfade von deutlich unter 2 Grad oder 1,5 Grad Erwärmung zu kommen. Für eine Begrenzung auf 1,5 Grad blieben demnach noch acht Jahre Zeit, um die Emissionen gegenüber dem aktuellen Stand nahezu zu halbieren, teilte UNEP am Dienstag mit.
EU will Methan-Ausstoß senken
Eine andere Möglichkeit, um die Emissionslücke schnell zu schließen, wären dem UNEP-Bericht zufolge stärkere Anstrengungen bei der Reduktion des Methanausstoßes. Das Treibhausgas fällt vor allem bei der Tierhaltung, auf Abfalldeponien und in der fossilen Energiewirtschaft an. Schon mit heute verfügbaren, sehr kostengünstigen Vermeidungsmethoden ließen sich die Methanemissionen um 20 Prozent senken. Mit weitergehenden Maßnahmen seien sogar 45 Prozent weniger Methan möglich, heißt es im Emissions Gap Report. Die globale Erwärmung ließe sich so verlangsamen.
Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow, die am Sonntag beginnt, wollen deshalb mehrere Dutzend Staaten eine neue Initiative unterzeichnen. Mit dem Global Methane Pledge wollen sie die Methan-Emissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent gegenüber 2020 senken. Gestartet hatten die Initiative die USA und die EU, inzwischen haben sich auch die ölförderndenden Staaten Saudi-Arabien und Nigeria sowie Deutschland und weitere Länder angeschlossen. „Der Global Methane Pledge könnte ein wichtiger Baustein werden, um die rasante Erwärmung zu bremsen“, sagt Prof. Dr. Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. „Die Senkung der Methan-Emissionen ist allerdings ein Joker, den man nur einmal spielen kann. Der Pledge darf nicht dazu führen, den CO2-Ausstoß aus dem Blick zu verlieren“, warnt Schwarze.
Emissionen müssten schneller zurückgehen
Zudem ist das Ziel der Initiative nicht sonderlich ambitioniert. Die Unternehmensberatung McKinsey hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass die globalen Methan-Emissionen bis 2030 um 37 Prozent gegenüber 2017 sinken müssten, um 1,5 Grad Erwärmung nicht zu überschreiten. Die Überlegungen zum Umgang mit Methan gehen inzwischen aber noch weiter. Ähnlich wie zuvor schon bei Kohlendioxid hat eine wissenschaftliche Debatte begonnen, Methan unschädlich zu machen, das bereits in die Atmosphäre gelangt ist. Methan soll aber nicht wie CO2 in Biomasse gebunden oder unter die Erde gepresst, sondern schneller abgebaut werden.
Gleich zu Beginn der Klimakonferenz in Glasgow am Montag werden Forscher*innen aus Kopenhagen und Cambridge in einem Workshop über eine schnellere Oxidation von atmosphärischem Methan diskutieren. Der programmatische Titel des Forschungszentrums lautet „Centre for Climate Repair at Cambridge“.