Die Bedeutung der Meere für das Klima
Unsere Ozeane sind unverzichtbar für den Wärmehaushalt der Erde, haben großen Einfluss auf das Klima und bestimmen unser Wetter. Sie speichern einen Großteil des Kohlendioxids, das die Menschheit ausstößt, und bieten Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten. Allerdings sind die marinen Ökosysteme immer stärkeren Belastungen ausgesetzt – und können dadurch den Klimawandel immer schlechter abpuffern. Was können wir tun?
Die Meere bedecken etwa 71 Prozent der Erdoberfläche und spielen eine wichtige Rolle im Wärmehaushalt und Klimasystem der Erde. Sie speichern bis zu 93 Prozent der Wärme, die durch Sonnenstrahlung auf der Erde entsteht, und nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf. In den letzten Jahrzehnten haben uns die Meere sowohl vor höheren CO2-Konzentrationen in der Luft als auch vor wärmeren Temperaturen geschützt.
Algen und viele Mikroorganismen im Meer produzieren zudem rund 70 Prozent des gesamten Sauerstoffs in der Atmosphäre. Sie liefern uns Menschen damit die Luft, die wir zum Atmen brauchen. Doch die Ozeane leiden unter den Nebenwirkungen der Erwärmung und Aufnahme von Treibhausgasen. Sie können nicht ewig als Klima-Puffer dienen. Was passiert in den Meeren – und wie können wir die Entwicklung aufhalten?
Die Ozeane speichern viel Wärme
Die Meere nehmen einen Großteil der Strahlungsenergie der Sonne auf und sind ein entscheidender Wärmespeicher für den gesamten Planeten. Sie gleichen Temperaturunterschiede in der Atmosphäre aus und stabilisieren das Klima. Da der Ozean an der Oberfläche mit der Atmosphäre interagiert, gibt es zwischen diesen beiden „Klimaakteuren“ starke Wechselwirkungen.
So kommt es zu sogenannten gekoppelten Phänomenen, die einen sich selbst verstärkenden Mechanismus beinhalten. Dazu gehört etwa die El-Niño-Southern Oszillation (ENSO) im pazifischen Ozean, die das Wettergeschehen sehr stark beeinflusst. ENSO verändert die Temperaturen der Wasseroberfläche, was auch tausende Kilometer entfernt noch für Starkregen und extreme Dürren sorgen kann.
Globale Meeresströmungen tragen das mit Wärme und CO2 angereicherte Wasser rund um die Erde bis in große Meerestiefen. Dieses globale ‚Förderband‘ sorgt bisher für die angenehm warmen und milden Temperaturen in höheren Breitengeraden, wie etwa bei uns in Europa. Es braucht Jahrhunderte, bis das globale Förderband das gesamte Wasser der Ozeane durchmischt. Entwicklungen an der Oberfläche, wie etwa höhere Aufnahme von CO2 oder Wärme, wirken sich deshalb erst mit großer Zeitverzögerung auf den gesamten Ozean aus.
Ein weiterer Nebeneffekt der Wärmespeicherung durch den Ozean ist der Anstieg des Meeresspiegels. Durch die Erwärmung und die damit einhergehende thermische Ausdehnung des Wassers steigt der Meeresspiegel kontinuierlich. Allerdings nicht überall homogen, so dass einige Küstenregionen stärker betroffen sind als andere.
Schon jetzt droht einigen Inseln der Untergang, die Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Die Veränderungen werden erst dann spürbar, wenn es schon zu spät ist für uns gegenzusteuern. Im Zuge des Klimawandels drohen einige Elemente des Erdsystems zu kippen und könnten zu extremeren Wetterbedingungen führen.
Die Ozeane speichern viel Kohlendioxid
Für den globalen Kohlenstoffkreislauf sind die Meere von großer Bedeutung, sie nehmen CO2 auf, verteilen ihn und speichern es in den Tiefen der Meere. Sie sind die größten Kohlenstoff-Senken der Erde und speichern bereits heute rund 50-mal mehr Kohlendioxid als die Atmosphäre.
Einige der Ökosysteme im Meer sind zudem in der Lage, CO2 besonders effizient aufzunehmen und im Boden abzulagern. Zu diesem sogenannten „blauen Kohlenstoff“ zählen etwa Mangrovenwälder oder Seegraswiesen.
„Seegräser können bei der Kohlenstoffspeicherung Raten erzielen, die acht- bis neunmal höher sind als beispielsweise von Wäldern. Hierdurch können sie sehr effizient dem Klimawandel entgegenwirken.“ sagt Dr. Tobias Dolch, vom Alfred-Wegener-Institut für Polar und Meeresforschung (AWI) in Sylt. „Allerdings sind hierbei regionale Unterschiede zu beachten. Wir mussten feststellen, dass die Kohlenstoffspeicherung von Seegräsern im Wattenmeer deutlich geringer ausfällt als in anderen Teilen der Welt.“
Wir haben Kohlenstoff-Hotspots gefunden
Wie trägt Seegras zur Bekämpfung des Klimawandels bei?
Für Seegraswiesen könnten die Auswirkungen schwerwiegend sein
Versauerung bedroht die Meere
Der zunehmende Eintrag von CO2 in das Meerwasser hat schwerwiegende Nebenwirkungen. Das Wasser „versauert“ – oder genauer gesagt, der Säuregrad nimmt zu. Seit Beginn der Industrialisierung vor rund 150 Jahren hat der pH-Wert von Meerwasser um 26 Prozent zugenommen.
Chemisch passiert dabei vereinfacht gesagt folgendes: Das CO2 aus der Atmosphäre löst sich im Oberflächenwasser (H20) und reagiert zu Kohlensäure (H2CO3). Hierdurch „versauert“ der Ozean, was Meereslebewesen wie Korallen, Muscheln oder Krebsen besonders zu schaffen macht.
Immer mehr Stress für Meeresbewohner
Zusammen mit der Erwärmung des Wassers geraten diese Lebewesen unter doppelten Stress. Wenn dann auch noch wichtige Ökosysteme wie Riffe absterben, die eine Heimat für viele Fischarten und Lebewesen im Meer bieten, kommt es zu großen Verlusten. Die Versauerung der Meere führt zudem dazu, dass das Wasser immer weniger menschengemachtes CO2-Emissionen aufnehmen kann, letztlich ein Teufelskreis. Denn wenn die Ozeane zunehmend an Speicherfähigkeit verlieren, wird als Folge die globale Erderwärmung weiter verstärkt.
Immer mehr Zonen mit zu wenig Sauerstoff
Mit dem Klimawandel verändert sich auch der Austausch von Gasen und Nährstoffen. Die Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser nimmt mit steigender Temperatur ab. Das heißt, an der Oberfläche gelangt weniger Sauerstoff in die oberen Schichten. Als Konsequenz kann sich weniger Sauerstoff auch in den tieferen Schichten des Ozeans ausbreiten – der Sauerstoffgehalt im Wasser nimmt also ab.
Das warme Oberflächenwasser hat zudem eine geringere Dichte, was zu einer schwächeren Durchmischung der einzelnen Meeresschichten führt. Insbesondere an der Grenzschicht zwischen einzelnen Wasserschichten konzentriert sich organisches Material, das von Mikroorganismen zersetzt wird. Dabei wird Sauerstoff verbraucht und zusätzlich Kohlendioxid produziert.
Sauerstoffarme Gebiete breiten sich deshalb zunehmend aus und erreichen auch küstennahe Gebiete. Das führt mit dazu, dass sich die weltweiten Fischbestände verlagern. Die Produktivität der Fischerei, die Nahrung für viele Millionen Menschen liefert, sinkt.
Wieso wir die Ozeane schützen müssen
Die Ozeane reagieren sehr langsam auf den Temperaturanstieg und die ansteigenden Treibhausgasemissionen. Das bedeutet, dass wir Menschen das Ökosystem Meer aus dem Gleichgewicht bringen, aber die negativen Auswirkungen teilweise erst Jahrzehnte später ersichtlich werden - und dann wahrscheinlich nicht mehr rückgängig gemacht werden können, weiß Alexandra Zoe Worden, Professorin für Ökosystembiologie der Ozeane am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
So könnten die Eisschilde bei steigenden Temperaturen massiv abschmelzen. Der damit einhergehende Süßwassereintrag in die Ozeane könnte dessen gesamtes Strömungsverhalten verändern, das wiederum ein wichtiger Faktor bei der Wetterentstehung ist. "Darüber hinaus müssen wir verstehen, dass sich mit der Veränderung der Ozeane, auch die lokalen Landumgebungen verändern werden, die Natur um uns herum, die Nahrungsmittelproduktion und die Bewohnbarkeit“, sagt Alexandra Zoe Worden. Deshalb habe die Schaffung einer klimaneutralen Gesellschaft höchste Priorität.
„In der Tat würde das nicht nur etwas an der Verteilung der durchschnittlichen Temperaturen ändern, eine weitere sehr wichtige Konsequenz wären die Änderungen des Wasserkreislaufs und damit die Umverteilung von Dürren und Regengebieten, die vor allem jetzt schon empfindliche Regionen weiter schwächen könnten“, sagt Dr. Rebecca Hummels vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. „Insgesamt wird der Klimawandel zu einer erhöhten Frequenz von Extremereignissen führen, die uns auch hier in Europa betreffen werden. Extrem trockene Sommer und Flutkatastrophen werden voraussichtlich häufiger vorkommen.“ Auch deshalb ist eine schnelle Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft so wichtig.