09.05.2022
Anja Krieger

Fakten zum Klima: Wozu brauchen wir Moore?

Moore speichern große Mengen an Kohlenstoff und entziehen der Atmosphäre damit das Treibhausgas CO2 – wenn sie nicht wie in Deutschland trockengelegt wurden. Trockengelegte Moore hingegen geben Treibhausgase an die Atmosphäre ab. Indem wir Moore wiedervernässen und anders bewirtschaften, lässt sich ihr Potenzial zur CO2-Aufnahme wieder entfalten. Es ist eine ähnlich große Herausforderung wie der Kohleausstieg, sagen Expert:innen. Aber die Mühe lohnt: Denn neben dem Klimaschutz profitiert auch die Biodiversität, unsere Wasserversorgung und Widerstandsfähigkeit gegenüber Extremwetter. In einem neuen Factsheet zeigen wir, worum es geht.

Um das 1,5-Grad-Ziel in Deutschland zu erreichen, müssten nach Berechnungen des Greifswald Moor Centrum 2019 in Deutschland mindestens 50.000 Hektar Moorböden pro Jahr wiedervernässt werden. Das sei eine Herausforderung, die in ihrer Größe dem Kohleausstieg ähnlich ist, schreibt Jan Peters in einem Gastbeitrag für Klimareporter.

Feuchtgebiete sind als natürliche Kohlenstoffspeicher immens wichtig. Moore speichern rund 500 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, nehmen aber nur 3 Prozent der globalen Landfläche ein. Sie sind lebendige Orte der Biodiversität, verbessern die Qualität von Wasser, speichern es im Boden und puffern Städte und Infrastruktur bei Hochwasser ab. Damit machen sie unsere Gesellschaft widerstandsfähiger gegenüber den Veränderungen des Klimawandels.

Leider sind die deutschen Moore in einem sehr schlechten ökologischen Zustand. 98 Prozent wurden über die letzten Jahrhunderte trockengelegt, um auf dem Land zu siedeln oder Landwirtschaft zu betreiben. Der kohlenstoffreiche Torfboden wurde abgebaut, um Häuser zu heizen oder der Blumenerde zuzufügen. Heutzutage sind kaum mehr natürliche Moore vorhanden, und bisher wurden gerade einmal 4 Prozent davon wiedervernässt.

Seite 1 des Factsheets, das die Biodiversität, Kohlenstoff-Speicherkapazität und Umweltfunktionen von Mooren zeigt.
Seite 1 des Factsheets, das die Biodiversität, Kohlenstoff-Speicherkapazität und Umweltfunktionen von Mooren zeigt.
Factsheet Moore Seite 1
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Tina Kron / Helmholtz-Klima-Initiative

In Deutschland tragen entwässerte Moore rund 35 Prozent zu den Emissionen der Landwirtschaft bei. Würden die Moore wiedervernässt, könnten bei Grünland und Ackerland bis zu 20 bis 30 Tonnen CO2-Äquivalente pro Hektar und Jahr eingespart werden, erklärt Aram Kalhori vom Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. Da es in Deutschland 1,4 Millionen Hektar Hoch- und Niedermoore gibt, ließen sich damit große Mengen an Treibhausgasen einsparen.

Aram Kalhori und ihr Kollege Torsten Sachs untersuchen am GFZ die Gasflüsse zwischen Biosphäre und Atmosphäre. In Mecklenburg-Vorpommern begleiten sie die Wiedervernässung eines Moores, um zu beobachten, wie sich die Methan- und Kohlendioxid-Konzentrationen dort entwickeln.

Seite 2 des Factsheets, das die Kohlenstoff-Speicherkapazität und Produktion von Treibhausgasen bei trockengelegten Moore zeigt und die Helmholtz-Forschung dazu erklärt.
Seite 2 des Factsheets, das die Kohlenstoff-Speicherkapazität und Produktion von Treibhausgasen bei trockengelegten Moore zeigt und die Helmholtz-Forschung dazu erklärt.
Factsheet Moore Seite 2
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Tina Kron / Helmholtz-Klima-Initiative

Wiedervernässte Moore können wieder Kohlenstoff binden, aber eine wirkliche ‚Renaturierung‘ wird in der Regel nicht mehr gelingen, erklärt Torsten Sachs. Wir können die alten Moore also nicht in ihren Ursprungszustand zurückholen. Aber wir können dafür sorgen, dass auf den alten Moorflächen neuartige Ökosysteme entstehen, die den noch vorhandenen Torf schützen und im besten Falle sogar weitere Treibhausgase aus der Luft holen. 

Wie kann das praktisch umgesetzt werden? Es sei unrealistisch, die Flächen einfach in Naturschutzgebiete umzuwandeln, denn dafür hängt das Einkommen zu vieler Menschen daran, räumt Sachs ein. Die dort betriebene Landwirtschaft ließe sich aber umstellen auf die sogenannte Paludikultur, also Landwirtschaft auf nassen Böden. Damit könnte viel erreicht werden, denn die landwirtschaftliche Nutzung trockengelegter Moore in Deutschland ist für 7 Prozent der nationalen CO2-Emissionen verantwortlich. Das könnte mit einer anderen Moorwirtschaft vermieden werden – und mit sehr wenig Fläche.

Mehr zu Mooren und Paludikultur im Interview mit Aram Kalhori und Torsten Sachs.

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