20.09.2023
Danny Otto

Die gesellschaftliche Wahrnehmung von CO2-Abscheidung und -Speicherung

Laut Umfragen bleibt die öffentliche Meinung über die Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2 in Deutschland gespalten. Die Befragten haben Bedenken, dass der Fokus auf CCS die Klimapolitik schwächen kann, und zweifeln an der Sicherheit des Verfahrens. Entsprechende Maßnahmen können helfen diese Bedenken zu überwinden, sagt Danny Otto vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ. 

Danny Otto Portrait
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Danny Otto
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In Deutschland werden die Technologien zur Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) mit anschließender Speicherung im Untergrund, kurz als CCS (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage) bezeichnet, seit mehr als 20 Jahren untersucht. Mit dem CCS-Verfahren kann CO2 aus Abgasen großer Industrieanlagen gefiltert und unterirdisch eingelagert werden. Die Technologie spielt auch eine wichtige Rolle für weitere Verfahren zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre, wie Direct Air Capture (DAC) mit anschließender geologischer Speicherung oder die Abscheidung und Speicherung von CO2, das bei der industriellen Verwertung von Biomasse entsteht (engl. Bioenergy with Carbon Capture and Storage – BECCS).  

2004 wurde in Ketzin, etwa 40 km westlich von Berlin, das erste großtechnische Forschungsprojekt an Land zur geologischen CO2-Speicherung Europas initiiert. Später folgten größere industrielle Projekte von Energieerzeugern, die auf das Abfangen und die Speicherung von CO2 aus Kohlekraftwerken abzielten. Aufgrund intensiven politischen und öffentlichen Widerstands, finanzieller Herausforderungen und verschärften regulatorischen Rahmenbedingungen für CCS wurden diese Projekte eingestellt.

Seit Ende 2016 ist die Anwendung von CCS-Technologien in Deutschland verboten. Doch in den letzten Jahren steigt das Interesse der Politik an dem Verfahren. Dabei fokussieren sich die Diskussionen über CCS auf Bereiche, wie etwa den Umgang mit schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen, beispielweise in der Zementindustrie, und die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre. 

Gemischte Ergebnisse zur Bekanntheit und Akzeptanz

Studien zur öffentlichen Meinung über CCS weisen gemischte Ergebnisse zur Bekanntheit und Akzeptanz der Technologie in der Gesellschaft auf. Der Bekanntheitsgrad reicht von sehr gering bis mäßig und hängt oft damit zusammen, ob die Befragten in der Nähe von einem bestehenden oder geplanten CCS-Projekt wohnen. In unseren aktuellen Umfragen geben circa 36 Prozent der Befragten an noch keine Kenntnis von CCS zu haben, etwa 50 Prozent haben bereits davon gehört. 

Fast die Hälfte der Befragten gibt an, sehr oder mäßig über die CO2-Speicherung besorgt zu sein. 42 Prozent sehen CCS-Technologien als Risiko für die Umwelt. Generelle Sicherheitsbedenken bezüglich der Langzeitspeicherung von CO2 im Untergrund sind verbreitet. Nur etwa 13 Prozent haben keine Bedenken und nur rund ein Viertel der Befragten erwartet ökonomische Vorteile durch CCS. 

CCS in den Medien

Die mediale Berichterstattung beeinflusst stark die gesellschaftliche Wahrnehmung einer Technologie. Unsere Analyse von etwa 4 000 Zeitungsartikeln in Deutschland in den letzten 20 Jahren zeigt eine starke mediale Polarisierung, die durch einen häufigen Rückbezug auf die ehemals geplante Anwendung von CCS-Technologien für Kohlekraftwerke charakterisiert ist. 

In den letzten Jahren verschiebt sich die Mediendiskussion in Richtung der Anwendung von CCS für negative Emissionstechnologien. Das negative Image von CCS im Zusammenhang mit Kohlekraftwerken bleibt jedoch bestehen, was darauf hindeutet, dass die öffentliche und politische Unterstützung für diese Technologie ein Problem bleibt.

Risiken kontern

Unsere Umfragen zeigen, dass die größten Bedenken der Befragten zum einen die Sicherheit der Speicherung, zum Beispiel aufgrund von möglichen Leckagen und erhöhter Erdbebenaktivität in der Nähe eines CO2-Speichers, und zum anderen politische Risiken von CCS wie geschwächte Klimapolitik und Verzögerung der Dekarbonisierung sind. 

Die Umfragen zeigen aber auch, dass bestimmte Maßnahmen helfen könnten, diese Risiken in der öffentlichen Wahrnehmung zu kontern. So etwa kann entsprechend angepasstes Monitoring von CO2-Speicheranlagen dazu beitragen, die Sicherheitsbedenken in Teilen zu begrenzen. Bezüglich der politischen Risiken könnten getrennte Ziele für Emissionsreduktion, Emissionsrückhaltung und CO2-Entnahme den Bedenken begegnen. Eine solche umweltrechtliche Verankerung könnte Sorgen von Umweltorganisationen bezüglich CCS abmildern und zugleich dazu beitragen, gesellschaftliches Vertrauen in die klimapolitischen Potentiale dieser Technologie zu gewinnen.

Danny Otto ist Soziologe. Als Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) befasst er sich unter anderem mit Fragen der gesellschaftlichen Wahrnehmung und Bewertung von negativen Emissionstechnologien bzw. Technologien zu CO2-Speicherung - aktuell etwa im Projekt BioNET.

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