Ist vielleicht etwas anderes als der Mensch die Ursache?

Behauptung: „Das Klima hat sich immer schon gewandelt“

Behauptung: Das Klima hat sich immer schon verändert, auch lange bevor wir CO2in die Atmosphäre geblasen haben. Mal gab es Eiszeiten, mal war Grönland eine grüne Insel, und schon mehrfach in der Erdgeschichte war es viel wärmer als heute. Der Mensch hat deshalb nichts mit dem Klimawandel zu tun.


Fakt ist: Das Klima hat stets auf die jeweils wichtigen Einflüsse reagiert – und heute ist der Mensch der stärkste Klimafaktor
Antwort

Antwort: In der Tat hat sich das Klima schon oft gewandelt, es reagiert sensibel auf verschiedene Einflüsse. Allerdings können die derzeitigen Klimaänderungen durch die bekannten und gut erforschten natürlichen Mechanismen nicht erklärt werden – es sind unbestreitbar menschliche Einflüsse, die momentan die Erde aufheizen. Dennoch ist ein Blick in die Erdgeschichte lehrreich: Die natürlichen Klimawandel der Vergangenheit zeigen, dass das Klima empfindlich auf ein Energieungleichgewicht reagiert. Aus früheren Klimawandeln lässt sich also weniger etwas über die Ursachen des heutigen lernen, wohl aber über den Ablauf und die Folgen einer Erderwärmung.

Häufig hört man, das Klima habe sich doch schon öfter auf natürliche Weise verändert, und zwar lange bevor es Autos und Kohlekraftwerke gab. Das ist richtig. Aber die Schlussfolgerung, deshalb sei der heutige Klimawandel nicht von der Menschheit verursacht, ist falsch.

Um dies zu verstehen, muss man zunächst hinterfragen, warum sich das Klima in der Vergangenheit verändert hat. Das Klima weist natürliche Schwankungen auf, grundlegend ändert es sich jedoch nur, wenn es durch äußeren Einfluss dazu gebracht wird. Bildlich gesprochen verhält es sich wie ein Wassertopf, bei dem eine Herdplatte die Wärmezufuhr verändert: Wenn der Energiehaushalt der Erde verändert wird und die Erdatmosphäre Wärme hinzugewinnt oder verliert (Experten sprechen dann von einem „Energieungleichgewicht“), ändern sich auch die globalen Temperaturen.

Nun gibt es eine Reihe verschiedener Faktoren, die ein Energieungleichgewicht verursachen und somit das Klima der Erde beeinflussen können. Wird die Sonne heller, erhält der Planet mehr Energie und erwärmt sich. Brechen Vulkane aus, stoßen sie Aerosol-Partikel in die Atmosphäre aus, die Sonnenstrahlen reflektieren; eine Abkühlung der Erde ist die Folge. Sind mehr Treibhausgase in der Atmosphäre, strahlt die Erde weniger Energie ins Weltall ab und erwärmt sich.

Solche Einflüsse werden als ‚externe Antriebe’ bezeichnet, weil sie extern sind im Hinblick auf die Atmosphäre und das Klimasystem. Das Klimasystem versucht nun, ein entstandenes Energieungleichgewicht auszugleichen und in eine neue Balance zu gelangen.  Wird es beispielsweise auf der Erde wärmer, erhöht sich auch die Wärmeabstrahlung der Erde. Dieses neue Gleichgewicht stellt sich aber dann bei einer erhöhten Erdmitteltemperatur ein.

Die Klimaveränderungen in der Vergangenheit wurden durch externe Antriebe natürlicher Art verursacht. Daraus jedoch abzuleiten, dass es keine menschen-bedingten Klimaänderungen gibt, ist etwa so, als würde man behaupten, Menschen könnten keine Waldbrände verursachen, weil es Waldbrände mit natürlicher Ursache gibt und schon immer gab. Die Zunahme von Treibhausgasen aus natürlichen Quellen hat in der Geschichte der Erde schon häufig zu einem Klimawandel geführt. Aber heute ist es eben der Mensch, welcher der Atmosphäre immer mehr und immer schneller Treibhausgase hinzufügt.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie das Klima auf externe Antriebe reagiert. Mithilfe  von Eisbohrkernen und anderen Datenquellen kann beispielsweise die Stärke der Sonnenaktivität und die Menge von Treibhausgasen sowie von vulkanischen Partikeln in der Atmosphäre in der Vergangenheit ermittelt werden – und somit auch, wie sich die Temperaturen durch frühere Energieungleichgewichte verändert haben.

Was die Forschung herausgefunden hat, indem sie sich viele verschiedene Zeiträume der Erdgeschichte anschaute, ist Folgendes: Wird die Erde wärmer, verstärken positive Rückkopplungen die Erwärmung zusätzlich. Das heißt, eine Erwärmung löst Effekte aus - wie beispielsweise die Zunahme des Wasserdampfgehaltes in der Atmophäre – die zu einer zusätzlichen Erwärmung führen und damit die ursprüngliche Erwärmung verstärken; nur so kamen die dramatischen Temperaturveränderungen früherer Zeiten zustande.

Was bedeutet dies nun für heute? Die Zunahme der Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre verursacht einen externen Antrieb – ein Vorgang, der in der Erdgeschichte schon oft zu Klimaveränderungen geführt hat. Die Treibhausgaseverändern das Energiegleichgewicht, und die untere Erdatmosphäre erwärmt sich. Der höhere Gehalt an Treibhausgasen hält pro Quadratmeter Erdoberfläche ungefähr 4 Watt mehr Energie in der Atmosphäre (IPCC 2021, AR6, Band 1, Kapitel 7.3.2.1). Zum Vergleich: Das ist etwa so viel Energie, die verbraucht würde, wenn auf Parzellen von 3x5 Metern - das ist ungefähr so groß wie eine Pkw-Parkplatz - über den gesamten Globus verteilt eine alte 60-Watt-Glühbirne brennt. Tag und Nacht. Und aus der Erdgeschichte wissen wir, dass verstärkende Rückkopplungen im Klimasystem diese direkte Erwärmungswirkung eines höheren CO2-Gehalts noch deutlich erhöhen.

Frühere Klimaveränderungen zeigen uns also nicht, dass die Menschheit das Klima nicht beeinflussen kann. Im Gegenteil: Sie zeigen uns, dass das Klima empfindlich auf die Zunahme von Treibhausgasen reagiert.  

James Wight/klimafakten.de, August 2010;
zuletzt aktualisiert: Juni 2022

In einem sind sich alle Beteiligten der Klimadebatte einig: Dass sich das Klima in der Vergangenheit durch natürliche Ursachen verändert hat. Lange vor dem Industriezeitalter machte der Planet viele Warm- und Kaltzeiten durch. Allerdings führt dies Manchen zu dem Schluss, dass – wenn sich die Temperaturen früher auf natürlichem Wege geändert haben, also lange bevor es Autos oder Kohlekraftwerke gab – die Natur auch der Grund sei für die aktuelle Erderwärmung. Diese Schlussfolgerung aber steht im Gegensatz zu dem, was Wissenschaftler in jahrzehntelanger Forschung herausgefunden haben: nämlich dass die beobachtete Erwärmung zum allergrößten Teil auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen ist.

Unser Klima wird durch das folgende Prinzip bestimmt: Wird dem Klimasystemmehr Wärme zugeführt, steigen die globalen Temperaturen. Umgekehrt fallen sie, wenn das Klimasystem netto Wärme verliert. Nehmen wir nun an, die Erde befindet sich in einem positiven Energieungleichgewicht, es kommt also mehr Energie herein als zurück ins All abgegeben wird. Es existiert dann ein Netto-Energiezufluss an der Grenze zwischen Weltall und Atmosphäre in das System Erde. Dieser Netto-Energiezufluss wird „radiative forcing“ genannt, zu Deutsch etwa: „Strahlungsantrieb“. In einer solchen Situation erwärmt sich das Klimasystem, und die globalen Temperaturen steigen. Dies geschieht aber nicht gleichmäßig, weil die Temperaturen auf der Erde natürlichen Schwankungen unterliegen. Datenreihen von Temperaturmessungen sind deshalb von einem „Rauschen“ überlagert, das durch die Betrachtung längerer Zeiträume reduziert werden kann.

Doch wie stark ändern sich die Temperaturen bei einem bestimmten Strahlungsantrieb?

Die Temperaturänderung  wird durch die sogenannte „Klimasensitivität“ bestimmt: Je sensibler das Klimasystem, desto stärker die Temperaturänderung für einen gegebenen Strahlungsantrieb. Am häufigsten wird die Klimasensitivität als der Temperaturunterschied angegeben, der aus einer Verdoppelung der CO2-Konzentration der Atmosphäre resultieren würde. Dass CO2 den Treibhauseffekt verstärkt und somit die Erde aufheizt, kann durch Experimente und Messungen von Satelliten und auf der Erdoberfläche gezeigt werden. Bei einer Verdoppelung des atmosphärischen COüber den vorindustriellen Wert beträgt der erwartete Strahlungsantrieb rund 3,93 Watt pro Quadratmeter (W/m2; sieheIPCC 2021, AR6, Band 1, Kapitel 7.3.2.1). Das ist etwas mehr als 2013 im Fünften Sachstandsbericht (AR5) auf Grundlage des damaligen Forschungsstandes angegeben war (IPCC 2013, WG1, TS, S. 68, Box TFE.4).

Wenn wir also über eine Klimasensitivität gegenüber der Verdoppelung von CO2reden, dann sprechen wir von einer Temperaturveränderung infolge eines um knapp 4 W/m2 höheren Strahlungsantriebs. (Ein solcher Antrieb zur Erwärmung muss natürlich nicht unbedingt durch COverursacht werden – er könnte theoretisch auch von jedem anderen Teil des Klimasystems kommen, das ein Energieungleichgewicht hervorrufen kann.)

Wie stark erwärmt sich die Erde, wenn sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre verdoppelt?

Der direkte Effekt dieses veränderten Strahlungsantriebs wäre ein Anstieg der globalen Mitteltemperatur um etwa 1,2 °C (Lorius et al. 1990). Allerdings ist das Klimasystem der Erde sehr komplex, es gibt viele positive und negative Feedback-Mechanismen – d. h. Veränderungen werden durch Folgeeffekte verstärkt oder auch abgeschwächt. Unser gegenwärtiges Verständnis der Rückkopplungsprozesse hängt von dem Feedback ab, der jeweils betrachtet wird (mehr dazu: IPCC 2021, AR6, Band 1, FAQ 7.3). Die positive (also verstärkende) Rückkopplung zwischen Temperatur und Wasserdampfgehalt ist beispielsweise sehr gut verstanden, wohingegen die Rolle der Wolken mit deutlich größeren Unsicherheiten behaftet ist. Untersuchungen zum besseren Verständnis der verschiedenen Feedback-Prozesse sind in der aktuellen Klimaforschung eines der wichtigsten Themen.

Die stärkste positive (also verstärkende) Rückkopplung ist mit Wasserdampf verknüpft: Steigt die Temperatur in der Atmosphäre, kann sie mehr Wasserdampf aufnehmen. Da Wasserdampf selbst ein Treibhausgas ist, führt das zu einer weiteren Temperaturerhöhung, was wieder zu mehr Wasserdampf führt und so weiter. Es gibt aber auch negative Feedbacks, also solche, die die Erderwärmung bremsen. Beispielsweise führt eine Erhöhung der Temperatur zu einer Zunahme der Wärmeabstrahlung der Erde, was zu einer Reduktion der Erwärmung führt, bis ein neues Energiegleichgewicht eingetreten ist.

Wie ist nun die Gesamtbilanz aller Feedback-Mechanismen? Die Klimasensitivitätlässt sich auf verschiedene Weise ermitteln, zum Beispiel aus Beobachtungen. Misst man beispielsweise für eine Zeitperiode sowohl die Temperatur als auch die verschiedenen Antriebe des Klimasystems sowie deren Änderung, können wir daraus die Klimasensitivität berechnen. In seinem Sechsten Sachstandsbericht von 2021 hat der IPCC (in Kapitel 7.5.5 von Band 1) die Ergebnisse einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen zusammengefasst, die die Klimasensitivitätmit verschiedenen Methoden ermittelt haben - siehe Abbildung 1:

Abbildung 1: Ergebnisse verschiedener Studien zur Gleichgewichts-Klimasensitivität (ECS), die den langfristigen Anstieg der mittleren globalen Erdoberflächentemperatur nach einer Verdoppelung des atmosphärischen CO2-Gehalts beschreibt. Die Schätzungen in der obersten Zeile „Process Understanding“ basieren auf Rückschlüssen aus bisherigem Wissen zu physikalischen Zusammenhängen im Klimasystem. „Instrumental record" visualisiert Studien, die auf direkten Messdaten der Erwärmung von Ozeanen und Atmosphäre seit 1850 und auf Modellrechnungen des Strahlungsantriebs beruhen. Der Block "Palaeoclimate" zeigt Werte aufgrund von indirekt ermittelten Klimadaten ("Proxies") aus der Erdgeschichte. „Emergent Constraints“ fasst Studien zusammen, bei denen die Klimasensitivität aus Vergleichen zwischen dem simulierten und beobachteten mittleren Klima bzw. Klimaschwankungen abgeleitet wurde. Unter „Combined assessment" findet sich die Zusammenführung verschiedener Methoden. Die blauen Kreuze in der Zeile „CMIP6 ESMs“ stellen die Ergebnisse einzelner Modelle der letzten Generation von Klimamodellen dar. Bei den einzelnen Blöcken zeigen die horizontalen Balken und Linien jeweils die Bandbreite der Ergebnisse. Mit einer durchgezogenen Linie ist der Temperaturbereich gekennzeichnet, in dem sich die Klimasensitivität nach Einschätzung des IPCC mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 66 Prozent bewegt – also (siehe vorletzte Zeile, bei Zusammenschau aller Ergebnisse) zwischen 2,5 und 4 Grad Celsius. Ein längerer, senkrechter schwarzer Strich markiert jeweils die sogenannte "beste Schätzung" ("best estimate"); gibt es hierfür nur eine Temperaturspanne, ist diese als graue Fläche dargestellt. Als sehr unwahrscheinlich gilt (höchstens 5-prozentige Wahrscheinlichkeit), dass die Klimasensitivität unter 1,5 oder über 8 Grad Celsius liegt (diese Werte sind mit roten vertikalen Linien markiert); Quelle: IPCC 2021, AR6, WG1, Kapitel 7, Abbildung 7.18a

Es gibt also eine große Anzahl voneinander unabhängiger Untersuchungen, die verschiedene Perioden der Erdgeschichte mit unterschiedlichen Verfahren und Annahmen untersucht haben. Alle führen zu der konsistenten Einschätzung, dass sich bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre die Erde wahrscheinlich um einen Wert zwischen 2,5 und 4 °C erwärmt. Die „beste Schätzung“ liegt bei 3 °C, und es ist „praktisch sicher“, dass es mehr als 1,5 °C sind (IPCC 2021, AR6, Band 1, Kapitel 7 - Der IPCC konnte seine Einschätzung zur Klimasensitivität im Sechsten Sachstandsbericht deutlich verbessern. In früheren Berichten hatte es zwar Schätzungen in einem ähnlichen Bereich gegeben, doch die wissenschaftlichen Unsicherheiten waren damals noch deutlich größer – sichtbar in einer damals noch größer angegebenen Spanne. Besonders im unteren Bereich der Sensitivitätsspanne konnten sich die Schätzungen verbessern.)  

Zusammenfassend gibt es also sehr starke Indizien dafür, dass der Netto-Feedback-Effekt für den Strahlungsantrieb insgesamt erheblich verstärkend ist (da mit 2,5 °C selbst die unterste Grenze der wahrscheinlichen Schätzungen der Klimaerwärmung mit Feedback-Effekten über jenen 1,2 °C Klimaerwärmung liegt, die Lorius et al. 1990 als direkten Effekt einer verdoppelten CO2-Konzentration ermittelt hat). Oder anders ausgedrückt: Gäbe es nicht positive Feedback-Effekte, die den direkten Treibhauseffekt verstärken, dann wären die häufig starken Klimaveränderungen der Erdgeschichte kaum erklärbar.

Wer sich auf die Klimahistorie der Erde bezieht, um den menschengemachten Klimawandel zu bestreiten, verweist ironischerweise also gerade auf Ereignisse, die eindeutig zeigen, dass wir Menschen heute durchaus in der Lage sind, das Klima wesentlich zu beeinflussen.

John Cook/klimafakten.de, August 2010;
zuletzt aktualisiert: Juni 2022