Zwischen kleinsten Teilchen und großen Bergen
Was Frauen in der Helmholtz-Klimaforschung machen
Weltweit sind noch immer mehr Männer als Frauen in der Forschung tätig. Und das, obwohl das Verhältnis von Studentinnen und Studenten beinahe ausgewogen ist. Ein Grund sind fehlende Vorbilder. Das wollen wir ändern.
In der Wissenschaftsgeschichte kommen Frauen kaum vor. Bis ins 19. Jahrhundert blieb institutionelle Wissenschaft ein Privileg, das weißen, wohlhabenden Männern vorbehalten war. Erst die modernen Universitäten sorgten mit ihren steigenden Studierendenzahlen seit den 1870er Jahren dafür, dass sich die Wissenschaft allmählich auch für Frauen öffnete.
Auch wenn heute der Frauenanteil in vielen Studiengängen weit über 50 Prozent liegt – in höheren akademischen Positionen bleibt die Zahl der Frauen unverhältnismäßig niedrig. Dafür gibt es verschiedene Gründe: die Unterbrechung der beruflichen Laufbahn für Elternzeit, die Schwierigkeit, eine wissenschaftliche Karriere mit Kinderbetreuung zu vereinbaren, hohe Anforderungen an die Mobilität in der frühen Karriere, eine ungleiche Verteilung von weniger prestigeträchtigen Aufgaben wie die Lehre, eine geringere Beteiligung an der Ausarbeitung von Forschungsvorhaben und eine daraus folgende Dominanz männlich-orientierter Forschungsvorhaben, die Auswirkung unbewusster Vorurteile und der Mangel an weiblichen Vorbildern.
Für die Helmholtz-Gemeinschaft ist Chancengleichheit ein zentraler Wert. Mittels eines Kaskadenmodells werden Ziele für den Frauenanteil jeder wissenschaftlichen Karrierestufe bestimmt. Dabei ergibt sich der Anteil durch den Anteil der Frauen auf der direkt darunter liegenden Qualifizierungsstufe. Um Frauen gezielt zu fördern, gibt es verschiedene Programme, Coachings, Mentorings und andere Weiterbildungsangebote.
Nicht zu unterschätzen ist aber auch die Rolle von Vorbildern – und da gibt es viele inspirierende Beispiele auf allen Karrierestufen. Wir stellen hier einige interessante Wissenschaftlerinnen der Klima-Initiative vor. Denn kein Weg ist wie der andere.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Gerade konzipiere ich gemeinsam mit meinen Kolleg:innen, wie wir die Zukunft der NAKO Gesundheitsstudie gestalten wollen. Die NAKO hat zwischen 2014 und 2019 rund 205.000 Frauen und Männer in ganz Deutschland rekrutiert und untersucht. Wir möchten die Nachverfolgung der Studienteilnehmer:innen fortsetzen und erweitern, zum Beispiel um die Genetik und um Umweltdaten. Die Studie ist ideal, um die Auswirkungen der großen Herausforderungen dieser Zeit auf die Gesundheit zu untersuchen. Dazu zählen aus meiner Sicht die Klimakrise, die Corona-Pandemie und die alternde Gesellschaft mit den wachsenden sozialen Unterschieden.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Zur Wissenschaft bin ich durch drei Dinge gekommen. Zum einen habe ich ein Buch gelesen, das das Leben einer Wissenschaftlerin beschrieben und mich als Jugendliche begeistert hat. Zum zweiten habe ich in meiner Zeit als Post-Doktorandin ein tolles Umfeld gehabt, viele Menschen, die mich inspiriert haben. Zum dritten war es das Glück, neue Zusammenhänge zu entdecken und dadurch die Chance zu bekommen, weiter zu machen.
Von außen sieht meine Karriere sehr gradlinig aus: ein Studium der Biologie und Mathematik, das zur Epidemiologie, zur Auswertung von Daten in der Medizin, geführt hat. Das hat sich im Inneren zeitweise ganz anders angefühlt. Heute bin ich froh über meine Suche, die mich über das Centro Internacional de la Papa, Lima, Peru und die Harvard School of Public Health, Boston, USA, zur Vorstandsvorsitzenden der NAKO Gesundheitsstudie geführt hat.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Mir gefällt am meisten die Möglichkeit, zu gestalten, meine Ideen zu verwirklichen und ganz neue Wege zu gehen. Kurz gesagt, für mich ist es ein Beruf, der neben Zielstrebigkeit auch viel Kreativität erfordert. Wissenschaft ist für mich immer auch eine Herausforderung und die Arbeiten sind extrem vielfältig. In meiner Position heute gehört das Managen genauso dazu wie das Vertiefen in sehr spezielle Themen.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Zu Beginn habe ich die Unsicherheit auf die leichte Schulter genommen, da mir noch gar nicht klar war, dass ich wirklich in der Wissenschaft bleiben würde. Irgendwann hat sie mich wirklich gestört, das war zu dem Zeitpunkt, an dem ich das Gefühl hatte, am richtigen Platz zu sein. Dann habe ich mich nach Alternativen umgesehen und mich beworben. Das habe ich insgesamt drei Mal gemacht, bis ich meine Traumposition als Direktorin des Instituts für Epidemiologie bei Helmholtz Munich und als Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität angeboten bekommen habe.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Die Arbeit und das Privatleben zu verbinden ist herausfordernd, aber ich glaube, es ist sogar einfacher in der Wissenschaft als in anderen Arbeitsfeldern mit großen persönlichen Anforderungen. Wir Wissenschaftler:innen haben und benötigen Selbstbestimmung für unsere Entdeckungen. Für mich ist die Kreativität eine ganz wichtige Facette des Wissenschaftler:innen-Seins. Diese Kreativität fördere ich in den Zeiten, die der Familie und meiner Partnerschaft vorbehalten sind, oder wenn ich mir Auszeiten zum Bergsteigen gönne. Ohne diese Freiräume könnte ich nicht produktiv arbeiten.
Haben Sie ein Vorbild?
Es sind ganz viele Menschen, die mich über die Jahre inspiriert haben. Zur Zeit meines Studiums in der 80er Jahren gab es leider keine Frauen, die so unmittelbar ein Vorbild für mich waren. Aber es waren meine Mentoren, Erich Wichmann, mein Doktorvater, Douglas Dockery aus Boston und Bert Brunekreef aus Utrecht, die mich geprägt und gefördert haben, auch in meiner Rolle als Wissenschaftlerin. Zudem sind meine Freund:innen wichtig, die ich über die Jahre in der Wissenschaft gefunden habe und die für mich Inspiration und Weggfährt:innen sind.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Wissenschaftlerin zu sein ist ein toller Beruf mit hohen Anforderungen an Intellekt, Arbeitswillen, Durchsetzungsvermögen und Diplomatie. Der Weg zur Wissenschaftlerin führt über viele Stufen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, in jeder Stufe auszuschöpfen, was sie anbietet. Frau sollte insbesondere an dem forschen, was sie spannend und lohnend findet, das ist aus meiner Sicht das Wichtigste.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich beschäftige mich mit dem arktischen Klima, das sich verstärkt verändert. Wir wollen mit Hilfe von Klimamodellsimulationen die dafür verantwortlichen Prozesse und Rückkopplungen besser verstehen. Insbesondere interessieren mich gerade die Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre und dem Meereis. Durch ein vertieftes Verständnis und verbessertes Modell können wir die Simulationen des arktischen Klimas und seiner Veränderung genauer machen, was unter anderem für die Klimafolgenforschung von Bedeutung ist.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Ich habe mich schon immer für die Naturwissenschaften interessiert, insbesondere für Mathematik und Physik. Ich wollte aber beides nicht direkt studieren, einerseits weil ich zu viel Ehrfurcht davor hatte, aber auch weil ich mir eine Verknüpfung von allen MINT Fächern wünschte. Da fiel mir bei der Suche im Studienführer das Physik-Spezialfach Meteorologie auf. Das klang spannend und im Studium erfüllten sich wirklich alle meine Träume. Ich habe mich für die Klimaforschung begeistert und es wurde für mich klar, dass ich gern theoretisch, mit numerischen Modellen, arbeiten will. So promovierte ich auch in diesem Thema. Allerdings fand ich danach keine adäquate Anstellung in Berlin, wo ich aus familiären Gründen hinzog. Ich entschied mich, die Familie und nicht die Forschungsrichtung zu priorisieren, und nahm dort eine Stelle in der eher anwendungsorientierten Biometeorologie an. Tatsächlich fand ich das dann auch spannend. Allerdings ergab sich nach drei Jahren die Möglichkeit, als Forscherin in die Klimamodellierung zurückzukehren: meine Bewerbung am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) war erfolgreich. Mittlerweile bin ich dort Seniorwissenschaftlerin.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Ich genieße es, ziemlich frei zu sein. Ich kann mir meine konkreten Forschungsthemen selbst aussuchen und entwickeln. Es macht mir Spaß, mit vielen Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland zusammenarbeiten zu können, diese auf Konferenzen zu treffen und sich auszutauschen, Feedbacks und Anregungen zu bekommen und sie bei Forschungsaufenthalten zu besuchen. Es gefällt mir auch, mit jungen Leuten, von Praktikanten bis zum PostDoc, zusammenzuarbeiten, dadurch neue Anregungen zu bekommen und sie zu unterstützen.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Ich musste selbst diese Erfahrung nicht machen, denn ich hatte das Glück, am AWI relativ schnell eine unbefristete Stelle zu bekommen. Ich finde diese heutige, unsichere Forscherkarriere furchtbar. Wir haben dadurch leider schon einige exzellente Nachwuchsforscher:innen verloren. Es müssen endlich faire und transparente Bedingungen geschaffen werden, um die Wissenschaft für die jungen Leute attraktiv zu halten. Dazu gehören aus meiner Sicht auch breitere Alternativen zum Professor, wie akademische Räte oder Seniorwissenschaftler:innen.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Für mich war das nie ein ‚Job‘. Zwei Sachen sind für mich aber wichtig: Einerseits eine sehr flexible Arbeitszeit. Wenn mal enge/kurzfristige Termine sind oder ich im ‚Forscherrausch‘ bin, dann arbeite ich auch mal bis spät in den Abend oder am Wochenende. Das finde ich nicht schlimm, weil ich ein andermal frei mache; ich achte auf eine gute ‚work-life-balance‘. Andererseits habe ich einen Ehemann, der mein Forscherinnenleben in all seinen Facetten unterstützt.
Haben Sei ein Vorbild?
Nein.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
In der Wissenschaft zu arbeiten, ist wirklich interessant und spannend. Wenn Du für die Wissenschaft ‚brennst‘, dann mach es und geh den Weg! Mach, was Du möchtest und nicht, was andere von Dir erwarten. Klar, es gibt Unsicherheiten, aber glaub an die Möglichkeiten, auch die gibt es! Bemühe Dich, Dich gut zu vernetzen; das hilft auf jeden Fall.
Astrid Kiendler-Scharr ist am 6. Februar 2023 plötzlich und unerwartet verstorben. Zum Nachruf.
Woran forschen Sie gerade?
Meine Forschung befasst sich mit der Frage, wie Luftschadstoffe entstehen und welchen Zusammenhang es zwischen Luftqualität und Klima gibt. An meinem Institut setzen wir dafür eine Reihe von Methoden ein: wir machen Messungen in der Atmosphäre entweder am Boden oder an Bord von fliegenden Plattformen wie dem Zeppelin und Flugzeugen; mit unserer Atmosphärensimulationskammer stellen wir verschiedene atmosphärische Situationen nach und machen so kontrollierte Experimente; und wir entwickeln Computermodelle, um die Auswirkungen der menschlichen Emissionen auf die Luftqualität regional und global zu simulieren. Mit diesem Wissen können dann gesellschaftliche Entscheidungen zur Verbesserung der Luftqualität und zum Klimaschutz auf fundierter Grundlage getroffen werden.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Ich habe Physik studiert, weil ich es für eine spannende Herausforderung hielt und mich grundlegende naturwissenschaftliche Zusammenhänge immer schon interessiert haben. Die Frage, was ich beruflich damit machen werde, habe ich mir zu dem Zeitpunkt gar nicht gestellt. Nach meinem Physikstudium habe ich eine Promotion in der Atmosphärenphysik gemacht und ab dann nicht mehr mit der Atmosphärenforschung aufgehört.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Wissen zu schaffen im engen Wortsinn – man beginnt mit einer Frage oder einem ungelösten Problem, lernt, was es im Gebiet bereits alles an Wissen gibt, und erweitert dies mit eigenen Beiträgen. Dabei spielt sich insbesondere das experimentelle Arbeiten in unserem Gebiet eigentlich immer in größeren Gruppen ab, die oft sehr interdisziplinär und international zusammengesetzt sind. Ich habe so auch viel über andere wissenschaftliche Ansätze und fremde Kulturen gelernt und weltweit nicht nur Kolleg:innen, sondern auch Freund:innen gewonnen. Mittlerweile in der Lage zu sein, andere fördern zu können, macht mir auch viel Spaß.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Ich hatte immer den Eindruck, mit meinem Studium und Können auch für andere berufliche Wege als die Wissenschaft qualifiziert zu sein. Für mich war klar, dass ich den Weg so weit gehe, wie ich ihn interessant finde und dass es auch Alternativen gibt. Dass meine berufliche Laufbahn sich so entwickelt hat, ist die richtige Mischung aus Glück gehabt zu haben und Chancen erkannt und ergriffen zu haben.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Da mein Mann und ich beide in der Wissenschaft tätig sind, hatten wir immer viele Freiheiten, unseren Arbeitstag zu gestalten. Das hat insbesondere als unsere Kinder klein waren, sehr geholfen. Diese Zeit war trotzdem sehr anstrengend und wir hatten sicher weniger Zeit für Hobbys und Freunde, als wir das mit einem klassischen „9-17 Uhr“ Job gehabt hätten.
Haben Sie ein Vorbild?
Ein Vorbild im engeren Sinne habe ich nicht, ich bin aber überall dort beeindruckt und inspiriert, wo Menschen unabhängig von gesellschaftlichen Zwängen unbeirrt ihren Weg gehen.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Die Meinung anderer zum eigenen Lebensentwurf kann man sich anhören, man muss sie sich aber nicht zu eigen machen.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Die Ablagerungen auf dem Grund von Meeren und Seen sowie von Tropfsteinen sind wertvolle Klimaarchive. Sie ermöglichen uns den Blick in die Vergangenheit, um die heutigen Klimaveränderungen zu verstehen und den natürlichen vom menschlichen Einfluss zu unterscheiden. Wir untersuchen in der Sektion „Klimadynamik und Landschaftsentwicklung“ am GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam hauptsächlich Seesedimente als kontinentale Klimaarchive.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Mein Weg begann 1977 eher zufällig mit der Ausbildung zur Geologiefacharbeiterin am damaligen „Zentralinstitut für Physik der Erde“ in Potsdam, welche mir den Blick in eine andere Welt öffnete. Danach ging ich für zwei Jahre zur Abendschule, um das Abitur zu machen. Anschließend studierte ich an der Bergakademie Freiberg Geologie und begann dann, in der neu aufgebauten Geochemie in Potsdam zu arbeiten. Nach der Wende erhielt ich am GFZ eine Doktorandinnenstelle und blieb über verschiedene Projekte weiter in der Forschung.
Aufgrund einer Initiative zur Frauenförderung erhielt ich im Jahr 2000 die Chance, ein Labor für stabile Isotope am GFZ zu etablieren – und damit eine Festanstellung. Um dieses Labor erfolgreich führen zu können, wechselte ich von der Geologie und Geochemie der tiefen Erde in die Paläoklimaforschung. Das war ein großer Schritt, denn ich musste vieles ganz neu lernen und anderes loslassen, aber es hat sich gelohnt.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Mir gefällt daran, dass ich meiner Neugier folgen kann und mir immer wieder Wissen aneignen und anwenden kann. Durch die unterschiedlichen Projekte begegne ich vielen motivierten und interessanten Menschen auch aus anderen Fachrichtungen, mit denen ich begeistert Neues entdecken und weiterentwickeln kann. Dazu kommt die so genannte Geländearbeit, die mich in viele Regionen unsere Erde und in Kontakt mit wunderbaren Menschen bringt.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Es ist nicht immer einfach, die Balance zu halten. Gerade wer seine Arbeit voller Begeisterung macht, sich aber auch ständig beweisen muss, um weiterforschen zu können, geht oft über seine Grenzen. Die Belastung der befristeten Anstellung über Projekte verlangt alles, und es scheint nie genug zu sein. Es gab Zeiten, da wollte ich aussteigen und in eine andere Richtung gehen.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Der Tag hat nie genug Stunden und manchmal werde ich der Familie, Freunden oder mir selbst dabei nicht gerecht. Das bedeutet viel Organisation, Kommunikation und Arbeit in den Beziehungen. Es ist andererseits eine große Bereicherung, viele Lebensbereiche erfüllt leben zu können.
Haben Sie ein Vorbild?
Kein direktes. Für mich sind es Frauen, die ihren Weg gehen und unabhängig von Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Erwartungen ihrer inneren Stimme folgen. Frauen, die Grenzen infrage stellen, sich von der Neugier und Lebenslust tragen lassen und damit ihr gesamtes Umfeld inspirieren.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Traut euch, euren Weg zu gehen, auch mal falsch abzubiegen, um wieder auf Kurs zu kommen, getragen von euren Ideen und eurer Begeisterung.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich leite eine Abteilung am Erdbeobachtungszentrum, EOC, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), die „Dynamik der Landoberfläche“ heißt. Ziel von uns rund 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist es, den globalen Wandel unserer Erde zu quantifizieren. Wir beantworten gesellschaftsrelevante Fragen im Kontext von Urbanisierung, Landwirtschaft und Forst sowie schützenswerten Naturräumen wie polaren und kalten Regionen. Wie stark wachsen Siedlungsflächen und Bodenversiegelung auf unserem Planeten? Welchen Einfluss hatten die letzten Dürrejahre auf den deutschen Wald? Welche Dynamiken in Arktis, Antarktis und im Hochgebirge triggert der Klimawandel? Zur Beantwortung solcher Fragen analysieren wir umfangreiche Fernerkundungsdaten – meist lange Zeitreihen nationaler und globaler Archive – mit Methoden der digitalen Bildverarbeitung und der künstlichen Intelligenz. Unsere Ergebnisse – Geoinformationsprodukte, Zahlen und Fakten, Erkenntnisse zu Kausalitäten etc. – teilen wir mit Wissenschaft, Entscheidungsträgern, Medien und Gesellschaft. Im Rahmen meiner Professur betreue ich außerdem Doktorandinnen und Doktoranden und halte regelmäßig Vorlesungen und Seminare an der Universität Würzburg, wo wir 2016 den englischsprachigen Masterstudiengang EAGLE (Earth Observation and Geoinformation for the Living Environment) ins Leben gerufen haben.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Ich hatte schon als Kind eine unbändige Neugier für Natur- und Umweltthemen. Unter anderem habe ich an unserem Gymnasium in Bonn eine Umwelt-AG gegründet. Zeitschriften wie Geo und National Geographic haben mich fasziniert. Das Internet gab es ja noch nicht. Ich wusste früh, dass ich Geographie oder Biologie studieren wollte. Beim Studium der Physischen Geographie in Trier und der Umweltwissenschaften in den USA habe ich viele Kurse zur Fernerkundung belegt und auch durch unterschiedliche Praktika viel gelernt. Nach dem Studium und spannenden Reisen habe ich mich dann auf eine Stelle am Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum, DFD, des DLR bei München beworben, wo es um die fernerkundliche Detektion unterirdischer Kohlebrände in China ging. Das hat mich auch auf zahlreiche Geländekampagnen nach Asien geführt und ich habe nebenbei promoviert. Es folgten Gastwissenschaftlerinnen- und Post-Doc Zeiten in Peking und Wien, bevor ich zum DLR zurückgekehrt bin. Ein Schlüsselerlebnis gab es nicht, aber meine naturverbundenen Eltern und sehr gute Biologie- und Geographielehrer haben mich sicher geprägt.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Ich erlebe meine Arbeit als spannend und sinnvoll – immerhin befassen wir uns sehr intensiv mit den Veränderungen unserer Erde und tragen ganz aktiv zum Dialog „Globaler Wandel“ bei. Quantitative, wissenschaftliche Informationen auch für die Bewältigung der Herausforderungen im Kontext Umwelt- und Klimawandel sind von der Gesellschaft gefragt. Zudem habe ich Kontakt mit vielen jungen Menschen, was mich sehr inspiriert und bereichert.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Ich habe viele Jahre mit Zeitverträgen gearbeitet und muss gestehen, dass mich das irgendwann auch gestresst hat, zumal mein Partner damals in derselben Situation war und München und das Umland, wo ich arbeite, ein ziemlich teures Pflaster sind. Ich bin sehr froh, dass ich einen langen Atem hatte und nicht in die freie Wirtschaft, wo es mehrere Optionen gab, gewechselt bin. Ich gebe daher auch meinen Studierenden heute schon direkt im ersten Semester Einblicke, wie das deutsche Wissenschaftssystem funktioniert, wo welche Chancen auf gute Verträge bestehen und mit wieviel Unsicherheit Forschende leider immer noch umgehen müssen, wenn sie sich für eine Laufbahn in der Wissenschaft entscheiden.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Ich habe das große Glück, dass ich meine Arbeit als Berufung und Hobby erlebe und meist sehr im Flow bin. Daher ist es für mich okay, auch spät abends nochmal am Laptop zu arbeiten. Neue „Home-office–Modelle“ am DLR erlauben hier viel Flexibilität. Ich verbringe aber als Ausgleich auch sehr viel Zeit in der Natur und tanke viel Kraft bei schönen Stunden mit Freunden und beim Sport.
Haben Sie ein Vorbild?
Es gibt viele Frauen und Männer, die ich für ihr unermessliches Engagement und für ihre Leidenschaft und Authentizität, mit der sie sich voller Energie und Empathie für „ihre Sache“ – meist für unsere Mitmenschen und unsere Umwelt – einsetzen, bewundere. Dazu gehört zum Beispiel gerade die Verhaltensforscherin Jane Goodall.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Seid mutig und selbstbewusst und verwirklicht Eure Träume. Es ist heute für Frauen viel einfacher als noch vor 20 Jahren, eine Karriere als Wissenschaftlerin zu machen. Vieles hat sich hier zum Positiven verändert. Sucht Euch unterstützende Mentoren. Ich hatte zum Beispiel in meinem Doktorvater und auch meinem Institutsleiter immer absolute Unterstützer, die auch Frauen immer stark gefördert haben. Da habe ich aber auch sehr viel Glück gehabt. Baut Netzwerke auf, sucht Euch „die Guten“, und wenn ein Umfeld zu wenig unterstützend ist, dann ist es vielleicht Zeit, zu einem Institut/Ort zu gehen, wo die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und gleichberechtigte Wertschätzung im Vordergrund stehen.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich beschäftige mich in meiner Forschung mit der Interaktion "Umwelt-Mensch". Mein Schwerpunkt liegt dabei auf allergischen Erkrankungen, der Interaktion zwischen Umwelt und Mensch an körperlichen Grenzflächen wie der Lunge oder der Haut. Ein weiterer Fokus dabei sind die Einflüsse des Klimawandels auf dieses Zusammenwirken. Ich denke, es ist wichtig, auch im Angesicht der klimatischen Veränderungen, zu verstehen, wie eingebunden wir als Menschen in unsere Umwelt sind. Gesunde Menschen gibt es nur auf einer gesunden Erde. Wir müssen den Menschen als Teil einer planetaren Gesundheit verstehen, um unsere Existenz auf diesem Planeten nachhaltig zu sichern.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
In die Wissenschaft bin ich im Grunde zufällig gekommen. Ich wollte gerne Dermatologie machen. Um das zu tun, muss man auch Wissenschaft machen. Das fand ich dann offensichtlich gar nicht so schlecht.
Drawbacks, die gab es schon, die gibt es immer im Lauf einer Karriere. Glück braucht man auch – vielleicht ist es aber ein Schlüssel zur Bewältigung von Hemmnissen und zum Erfolg, nicht strikt an etwas zu hängen, wenn eine Tür zugeht und die Möglichkeiten, die sich einem bieten, zu nutzen.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Mich hat immer fasziniert, Fragen aus der Klinik in die Forschung zu bringen und umgekehrt die Ergebnisse wieder in die Klinik zu bringen, also Menschen direkt mit dem helfen zu können, was wir herausfinden. Hier in Augsburg habe ich die Möglichkeit, in der Ambulanz Patienten zu sehen und die Fragen, die sich hier konkret stellen, danach mit ins Labor zu nehmen – und umgekehrt.
Umweltmedizin bedeutet für mich vor allem auch, Prävention zu schaffen. Mein Ziel ist es, Krankheiten zu verhindern und am Ende vielleicht Allergologen arbeitslos zu machen. Stellen Sie sich das einmal vor… Oder uns bessere Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel zu ermöglichen.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Das habe ich nie so empfunden, überhaupt nicht. Ich wollte die Arbeit tun, die mich ausfüllte. Als Ärztin hat man immer die Möglichkeit zu praktizieren, sollte der Weg in der Wissenschaft nicht weiter gehen. Ich habe immer gerne mit Patienten gearbeitet und tue das bis heute. Als Ärztin ist man hier im Bereich der Wissenschaft vielleicht einfach in einer glücklichen Lage.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Zu Anfang meiner Karriere fragte mich das eine Kollegin und ich antwortete: „Gut!“ Auf die Frage, wie oft ich mich denn mit meinen Freundinnen treffen würde, schaute ich sie verwundert an. Mir ist das nie so aufgefallen, dass ich vielleicht weniger Zeit für Dinge habe, weil mir auch schon immer die Qualität der Beziehungen wichtiger war.
Ich glaube, zum einen muss man Kinderbetreuung professionalisieren und nicht ausschließlich auf zum Beispiel die Großeltern bauen. Das kostet natürlich Geld. Der zweite Punkt – Partnerwahl – man muss jemanden an seiner Seite haben, der das auch mitträgt. Und, am wichtigsten, man muss es auch wollen! Ganz ohne Abstriche geht das nicht, es gibt auch Verzicht in einigen Bereichen. Wenn einem der Job so viel Spaß macht – ich arbeite einfach sehr gerne - dann empfindet man das ja aber nicht so.
Haben Sie ein Vorbild?
Ein großes Vorbild vom Menschlichen her ist meine Mutter. Eine faszinierende Frau! Im ärztlichen Bereich war es ein Chirurg, den ich kennen gelernt habe, als ich meine ersten Krankenpflegepraktika gemacht habe. Ortwin Ruland. Wie er Arzt war und mit Patienten umging, sie als Partner sah auf dem Weg zur Genesung, so gar nicht der Halbgott in Weiß, das hat mich sehr geprägt. Eigentlich wollte ich danach Chirurgin werden. Und im wissenschaftlichen Bereich war es mein Mentor während eines Auslandsaufenthaltes in Italien.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Machen, einfach machen! Man muss sich als Frau einfach immer dessen bewusst sein, dass es auch möglich ist. Und gleichzeitig braucht man hohe Leidensbereitschaft, weil es einfach anstrengend, manchmal auch schmerzlich ist. Man darf und muss als Mutter dann erfahren, dass man nicht immer gebraucht wird. Es kann auch jemand anders machen und der Laden läuft ohne einen. Mitunter tut das weh, gleichzeitig kann man sich darüber freuen und eigene Pläne und Träume verwirklichen.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich bin Meteorologin und Seniorwissenschaftlerin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). In unserer Sektion „Physik der Atmosphäre“ in Potsdam untersuchen wir die Klimaänderungen in der Arktis und wie diese unser Wetter und Klima in den mittleren Breiten und auch deren Extreme beeinflussen. Dabei wollen wir speziell die zugrundeliegenden Prozesse in der Atmosphäre besser verstehen. Das ist wichtig, um künftige Klimaänderungen in den mittleren Breiten zuverlässiger abschätzen zu können.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Mein Weg in die Forschung begann in der Schule, da ich schon sehr früh viel Spaß und Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften hatte, an Matheolympiaden teilgenommen habe und ab der 8. Klasse eine mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse besuchen konnte. So entstand auch mein Wunsch, Meteorologie zu studieren. Auch das Studium hat mich begeistert, insbesondere in der Diplomarbeitsphase konnte ich an Expeditionen teilnehmen und habe die dabei gesammelten Daten in meiner Diplomarbeit ausgewertet. Deshalb wollte ich nach meinem Studium diese wissenschaftliche Arbeit mit einer Promotion fortsetzen.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Es macht Spaß, sowohl alleine als auch in einem Team eigene Forschungsfragen zu finden, und die entsprechenden Methoden zu entwickeln, um diese Fragen zu beantworten und dadurch besser zu verstehen, was arktische Klimaänderungen mit dem Wetter und Klima „vor unserer Haustür“ verbindet.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Zu Beginn meiner wissenschaftlichen Kariere, während der Promotion und ersten PostDoc Zeit, war es für mich in Ordnung, auf befristeten Stellen zu arbeiten. Ich wollte verschiedene Arbeitsgruppen kennenlernen und auch herausfinden, ob ich wirklich Wissenschaftlerin sein wollte. Und dann hatte ich das große Glück, schon nach 3 Jahren PostDoc-Zeit eine unbefristete Stelle zu bekommen. Ich bin bis heute glücklich darüber, dass ich über das polare Klima und seine Änderungen forschen darf.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Ich versuche immer, einen guten Ausgleich zu intensiven Arbeitsphasen und genügend Zeit für meine Familie und meine Freund:innen zu finden. Ich weiß, dass ich nur dadurch auch gute Arbeit als Wissenschaftlerin leisten kann. Mein Freunde-Netzwerk und viel Unterstützung durch den Leiter unserer Arbeitsgruppe haben es möglich gemacht, dass ich, auch als meine Tochter klein war, meine wissenschaftlichen Arbeiten voranbringen konnte.
Haben Sie ein Vorbild?
EIN Vorbild habe ich nicht, aber ich bin immer beeindruckt, wenn Frauen ihren eigenen Weg gehen, egal, ob geradlinig oder mit Umwegen, und nicht die Erwartungen anderer erfüllen wollen.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Wenn Ihr Spaß und Freude daran habt, neue Dinge herauszufinden, und Zusammenhänge in der Natur oder der Gesellschaft besser verstehen wollt, dann sucht Euch spannende Projekte und probiert aus, ob Euch das Arbeiten in der Wissenschaft begeistert.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich erforsche zusammen mit meiner Gruppe die mikrophysikalischen und optischen Eigenschaften atmosphärischer Eiswolken. Wir bedienen komplexe Messinstrumente, die unter den Flügeln von Forschungsflugzeugen angebracht sind und nehmen an internationalen Messkampagnen an unterschiedlichen Orten der Erde teil. So wollen wir die Eiswolken als Teil unseres Klimasystems besser verstehen und hoffentlich künftige Klimaprognosen verbessern.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Mit 12 Jahren habe ich entschieden, Wissenschaftlerin zu werden. Das war nach meiner ersten Physikstunde. Dieses Ziel habe ich nie aus den Augen verloren. Nach dem Abi haben meine Eltern kurz gefragt, ob ich nicht doch lieber Jura oder Medizin studieren möchte, um einen sicheren Job zu haben, aber ich war von den Naturwissenschaften überzeugt. Mein Feld in den Atmosphärenwissenschaften habe ich dann später an der Uni gefunden.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Probleme zu lösen, sich jeden Tag herauszufordern und etwas Neues zu entdecken ist mir persönlich sehr wichtig. Außerdem motiviert es mich, etwas Wichtiges für die Gesellschaft zu tun. Wissenschaftlerin zu sein ist ganz anders als andere Berufe. Wir haben viele Freiheiten, aber auch große Verantwortungen. Wir müssen selbst den Weg finden, Probleme zu lösen und manchmal müssen wir auch die Fragestellungen selbst erst entdecken, bevor wir sie danach jahrelang untersuchen.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Ich bin überzeugt, dass Forschen das ist, was ich tun will. Dann spielen unsichere Beschäftigungsverhältnisse keine Rolle. Wenn solche Gedanken mal kommen denke ich mir, dass ich schon so weit gekommen bin und mir keine Sorgen über meine Zukunft machen sollte. Frauen sollten sich mehr loben und zuversichtlicher sein.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Da Wissenschaft auch meine Leidenschaft ist, macht meine Arbeit mir meistens Spaß. Manchmal gibt es Phasen, wo es anstrengender ist, zum Beispiel während Feldmesskampagnen, aber danach kann ich auch entspannter arbeiten. Diese Freiheit habe ich in der Wissenschaft. Erst seitdem ich ein Kind habe, mache ich mir manchmal Sorgen, ob ich genug für meinen Sohn da bin. Wissenschaft mache ich nicht von neun bis fünf, aber ich muss bewusst auch abschalten können. Jetzt verbringe ich meine Abende und Wochenenden mit meiner Familie.
Haben Sie ein Vorbild?
Meine Vorbilder sind alle Frauen, denen es gelungen ist, eine Karriere in der Wissenschaft zu machen und trotz ihrem Erfolg jüngere Frauen bei ihrer Karriere zu unterstützen. Wir als Frauen sollten viel mehr einander helfen und unterstützen. Das machen die Männer auch.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Sei Du selbst und versuche Dich nicht anzupassen. Wissenschaft braucht mehr Frauen, besonders in Physik und den Ingenieurswissenschaften.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich untersuche, wie sich eine Erhöhung der globalen Temperatur auf Wasserflüsse, aber auch auf das Pflanzenwachstum und den Transport von Kohlenstoff und Stickstoff ins Grundwasser auswirken. Konkret werte ich Messdaten aus, die an Bodenkernen, sogenannten Lysimetern, erhoben werden. An diesen Lysimetern wird, neben vielen weiteren Untersuchungen, die Niederschlagsmenge, die Verdunstung, die Versickerung und die Konzentration von Nitrat und Ammonium gemessen. Ein Teil der Lysimeter wurde von höher gelegenen Standorten an tiefer gelegene Standorte versetzt. Dadurch werden die Böden einer höheren Temperatur und anderen Niederschlagsverhältnissen ausgesetzt. Mit diesem Ansatz kann man untersuchen, wie sich höhere Temperaturen auf Ökosystemprozesse, in meinem Fall auf Grünland, auswirken. Das ist nicht nur wichtig, um etwa Veränderungen im Wasserhaushalt oder der Pflanzenzusammensetzung zu beobachten, sondern auch, um wirtschaftliche Folgen des Klimawandels zum Beispiel für die Landwirtschaft besser abschätzen zu können.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Geplant war das nicht von vornherein. Meine Eltern sind keine Akademiker, es gab keine Erwartung, dass ich unbedingt studieren muss. Während meines Geographiestudiums haben mich vor allem die Themen mit Wasser- und Klimawandelbezug angezogen. Meine Diplomarbeit habe ich in diesem Themenbereich an einem Forschungsinstitut, an dem ich nach mehreren anderen beruflichen Stationen inzwischen wieder arbeite, angefertigt. Während dieser Zeit habe ich gemerkt, dass mich die Umweltforschung sehr interessiert. Einen einzelnen ‚Auslöser‘ gab es nicht. Sicher ist, dass es mich fasziniert, mich immer wieder mit neuen Fragen auseinanderzusetzten, Neues zu lernen, zu versuchen, Zusammenhänge zu verstehen. Die Intensität und Begeisterung, aber auch die Offenheit und Hilfsbereitschaft, mit der meine damaligen Kolleginnen und Kollegen und mein Betreuer gearbeitet haben, haben mich vielleicht zusätzlich infiziert.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Man hört nie auf, zu lernen und setzt sich immer wieder mit neuen Aspekten seiner Disziplin auseinander. Es ergeben sich viele Möglichkeiten, sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Es bietet sich auch immer wieder die Möglichkeit, mit Studierenden oder Schulklassen zu arbeiten. Das mache ich gerne und finde es wichtig, meine Arbeit nicht nur in der eigenen Forschungscommunity zu kommunizieren.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Diese Unsicherheit empfinde ich als sehr belastend. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ich aus der Wissenschaft ausscheiden werde.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Ich versuche, die Arbeit nicht in die Freizeit mitzunehmen - und andersrum. Sonst ist man nirgends richtig bei der Sache. Da ich Kinder habe, ist der zeitliche Rahmen für die Arbeit eh abgesteckt.
Haben Sie ein Vorbild?
Ich habe kein konkretes Vorbild, habe aber viele Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, die ich für ihre Kreativität, Power und Leidenschaft bewundere. Und ich hatte das große Glück, während meiner Promotion von meinem Doktorvater und weiteren Kollegen unterstützt und gefördert zu werden. Man hat mir viele Freiheiten gelassen, zu den richtigen Zeitpunkten aber mit kritischen Fragen geholfen, den Fokus der Arbeit im Blick zu behalten. Teilweise wurde ich auch ins kalte Wasser geschmissen, etwa wenn es darum ging, Förderanträge mitzuschreiben, erste Lehrerfahrungen zu sammeln oder bei Fachgremien mitzuwirken. Ich hatte aber immer Unterstützung und Rückendeckung und bin so in viele Aufgaben reingewachsen. Wenn man etwas weiter zurückblickt, faszinieren mich Forscherinnen und Forscher, die den Mut hatten, über die zu ihrer Zeit herrschenden Grenzen des Denkbaren zu gehen.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Dass sie dieses Ziel auf jeden Fall verfolgen sollen. Man darf sich von schlechten Rahmenbedingungen nicht abschrecken lassen, sollte sich aber überlegen, ob man die Unsicherheit und die unklaren Perspektiven in Kauf nehmen möchte. Letztendlich ist Wissenschaft keine Einbahnstraße und man kann mit einer akademischen Ausbildung auch interessante alternative berufliche Wege einschlagen.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich arbeite an Eiskernen aus der Antarktis und Grönland. Anhand verschiedener Parameter, die wir an den Eiskernen messen, untersuchen wir, wie sich das Klima in der Vergangenheit verändert hat. Wie groß waren Temperaturschwankungen in der Vergangenheit im Vergleich zu heute?? Welchen Einfluss haben Vulkane, Zirkulation der Atmosphäre oder Prozesse vor Ort auf unsere Klimazeitreihe? Für diese Fragen analysieren wir viele Oberflächenproben, kurze Schneeprofile und Eiskerne. Diese Analysen sind wichtig, um die heutigen Veränderungen und Extrem-Ereignisse einzuordnen.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Ich habe mich schon in meiner Jugend für Polarforschung interessiert und Bücher von Expeditionen und Polarforschern gelesen. Ich wollte schon früh „ins Eis“. Die Studienrichtung habe ich durch einen Radiobeitrag, in dem ein Geophysiker von seiner Arbeit berichtete, gewählt. Aus anfänglicher Geophysik, gefolgt von einem Auslandsaufenthalt auf Spitzbergen, ist dann ein Abschluss in Geowissenschaften geworden. Ich habe dann in der Glaziologie des Alfred-Wegener-Institutes Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und am Cold Regions Research and Engineering Lab in den USA meine Diplomarbeit geschrieben und anschließend am AWI promoviert. Dann hatte ich die Nase voll von der Wissenschaft und hab gut zwei Jahre in der Wissenschaftskommunikation gearbeitet. Aber das Heimweh nach Forschung und das Fernweh zum Eis waren größer. Ich bin dann über einen DFG-Antrag wieder in die eigene Forschung eingestiegen.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Das Schönste an der Arbeit ist natürlich das eigentliche wissenschaftliche Arbeiten: Daten zu analysieren, zu verstehen, in den Kontext zu setzen. Das versuche ich trotz der gestiegenen Verwaltungsaufgaben am Leben zu halten.
Mir gefällt, dass ich gefordert bin, immer weiter offen zu sein und zu bleiben, zu lesen, zu lernen, im Austausch mit anderen Menschen zu stehen. Das Gehirn rostet nicht ein.
Ich denke auch, dass Wissenschaftler:innen eine große Verantwortung in der Gesellschaft haben – als Ausbilder:innen, Kommunikator:innen – mir macht das Spaß und mir ist es wichtig, diesen Beitrag zu leisten.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Zu Beginn – als Doktorandin und Postdoc – scheint es einem nicht so wichtig zu sein. Zumindest konnte ich damit eine Zeitlang gut umgehen. Ich hatte zwischendrin eine Stelle, die entfristet werden sollte, mit der ich aber sehr unglücklich war – die habe ich auch nicht weiter gemacht. Aber irgendwann kam der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass ich nicht länger im „Ich muss noch alles lernen-Modus“ sein wollte. Ich wollte mitgestalten, meine Fähigkeiten einbringen, mitbestimmen. Da habe ich mir eine Deadline gesetzt – entweder es klappt jetzt mit dieser Bewerbung auf diese unbefristete Stelle oder du verlässt die Wissenschaft und suchst dir ein anderes Gestaltungsfeld. Es hat dann geklappt.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Ich habe durch meinen Partner all die Jahre Unterstützung und den Freiraum bekommen, den ich brauchte, um meinen Job auszuüben. Gerade mit Kindern ist das ohne eine gemeinsame Anstrengung nicht möglich. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie zeigt sich, dass man am Ende des Tages als Familie irgendwie alleine einen Weg finden muss, Beruf und Kind(er) unter einen Hut zu bringen – da braucht man eine gleichberechtigte Partnerschaft, um beiden Eltern das Arbeiten zu ermöglichen.
Außerdem habe ich das Glück, in einer tollen Community zu arbeiten. Bei den Eiskernlern gibt es viele tolle starke Frauen, gerade aus dem skandinavischen Raum. Da gibt es die Frage, ob Kinder und Familie mit zum Leben dazu gehören oder nicht, gar nicht.
Im Alltag nehme ich bewusst Auszeiten. Familienzeit ist Familienzeit, Freizeit ist Freizeit – ob abends, an Wochenenden, in den Ferien. Das gibt mir viel Kraft und Energie, um dann im Job weiter zu machen.
Haben Sie ein Vorbild?
Ich finde viele Menschen inspirierend und ermutigend – Frauen wie Männer. Mich haben zwei Professorinnen sehr unterstützt und gestärkt auf meinem Weg, Frau Prof. Dr. Mary Albert aus den USA und Frau Prof. Dr. Katrin Huhn-Frehers vom Marum – wofür ich sehr dankbar bin. Aber meine engsten Kollegen sind oft auch meine Vorbilder – weil sie mit guten Ideen, mit Neugier und mit Humor unsere gemeinsamen Projekte tragen.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Es gibt nicht den einen perfekten Weg, wie Wissenschaft erfolgreich ist. Ich denke, wir gewinnen nicht nur menschlich, sondern auch wissenschaftlich, wenn wir Vielfalt zulassen. Ich möchte gerne dazu ermutigen, sich einzubringen. Lasst euch nicht von Hindernissen und Rückschlägen vom Weg abbringen. Stellt Kontakt her zu Frauen in eurer Community – sei es über PhD/Postdoc-Netzwerke oder Mentoring-Programme. Am wichtigsten ist es, dass frau das, was frau tut, gerne tut.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich beschäftige mich mit der Verteilung und den Auswirkungen der Plastikverschmutzung, insbesondere im Arktischen Ozean. Das ist eines der schwerwiegendsten globalen Umweltprobleme, und obwohl wir wissen, dass Plastikmüll überall ist, brauchen wir immer noch mehr Daten. Der Arktische Ozean ist sehr empfindlich und wichtig für das Klima der Erde. Daher würde uns jede Information über einen so intensiven Stressfaktor wie die Plastikverschmutzung helfen, die aktuellen und künftigen Auswirkungen zu bewerten.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Ich bin vor kurzem in die Wissenschaft gewechselt. Ich bin eigentlich Computeringenieurin und habe mehr als ein Jahrzehnt in diesem Bereich gearbeitet. Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für die Ozeane, deshalb beschloss ich vor acht Jahren, Umweltwissenschaften zu studieren und nahm an einem Erasmus-Mundus-Programm in Europa teil. Meine Leidenschaft für die Ozeane brachte mich dazu, etwas gegen die Plastikverschmutzung der Meere zu unternehmen, und ich wandte mich für meine Masterarbeit an meine Betreuerin Melanie Bergmann am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Mir persönlich gefällt die Wissenschaft sehr gut. Das ist mein Ding. Ich mag es, Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln interdisziplinär zu betrachten, zu versuchen, sie zu lösen und die Natur zu verstehen. Auch die Expeditionen. Ich muss zugeben, dass die Teilnahme an einer Forschungsexpedition die erstaunlichste Erfahrung in meinem Leben war.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Das ist ein sehr schwieriges und deprimierendes Thema. Bis jetzt hat mir das AWI glücklicherweise Möglichkeiten geboten, so dass ich meine Arbeit fortsetzen kann. Da dies jedoch meine zweite Karriere ist, ich im Vergleich zu vielen anderen Juniorwissenschaftler:innen näher an der Pensionierung bin und ich mich nicht mit befristeten Verträgen belasten möchte, habe ich beschlossen, in mein Heimatland zurückzukehren und über meine nächsten Schritte nachzudenken. Ich denke, dass viele Wissenschaftler:innen sehr unproduktiv arbeiten, wenn wir und unsere Vorgesetzten alle paar Jahre monatelang an neuen Vorschlägen arbeiten müssen, um ein Budget zu finden, mit dem wir unsere Arbeit fortsetzen können. Diese Herausforderung führt sogar dazu, dass Leute aus der Wissenschaft abwandern. Um ehrlich zu sein, habe ich darüber nachgedacht: Will ich mir das wirklich die nächsten zehn Jahre antun und mich damit belasten?
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Bis jetzt schaffe ich das nicht. Aber ich muss sagen, dass ich immer noch daran arbeite, meinen Doktortitel abzuschließen, und danach kann sich das vielleicht ändern.
Haben Sie ein Vorbild?
Die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Ich genieße das Arbeitsumfeld in der Wissenschaft sehr. Erfahrene Wissenschaftler:innen betrachten Probleme als etwas, das es zu lösen gilt, und nicht als einen Grund, aufzugeben.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Wenn sie die Wissenschaft und das "Spielen" mit Daten lieben, wie ich es tue, sollten sie sich auf jeden Fall dafür entscheiden. Trotz aller Herausforderungen bin ich mit meiner Arbeit in der Wissenschaft sehr zufrieden. Ja, es gibt spezifische Probleme, aber alle Berufe haben verschiedene und mehrere davon. Sie sollten zunächst diese Herausforderungen verstehen und sich darauf vorbereiten.
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Ich arbeite derzeit als Senior Scientist am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Mein Hauptforschungsthema ist das Verständnis und die Vorhersage von Extremereignissen wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen. Dazu versuche ich, komplexe Datensätze wie Beobachtungsdaten, Proxydaten und die Ergebnisse von Klimamodellen zu kombinieren. Ich versuche auch, in die Vergangenheit zu blicken, zum Beispiel mit Hilfe von Proxydaten wie Baumringen, Korallen und Seesedimenten, um die gegenwärtigen Klimaschwankungen zu verstehen und mich auf die Zukunft vorzubereiten. Außerdem bin ich für die Pflege und Weiterentwicklung eines statistischen Prognosewerkzeugs zur Vorhersage des Abflusses der wichtigsten Flüsse in Deutschland zuständig. Ich denke, dass meine Arbeit nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Gesellschaft von großer Bedeutung ist, da diese extremen Wasserklimabedingungen immer häufiger auftreten, ihr Ausmaß zunimmt und die damit verbundenen Schäden ebenfalls steigen. Die Erforschung, das Verständnis und die Vorhersage von Hydroklimaextremen ist daher ein aktuelles Thema und von großer Bedeutung für die Gesellschaft und die Wirtschaft.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Wissenschaftlerin zu werden, war eigentlich nicht mein Ziel. Ich komme aus Osteuropa, wo die Forschung nie eine Priorität war. Ich denke, dass ich das große Glück hatte, im Laufe meines Lebens verschiedene Menschen zu treffen, die mir geholfen haben, meinen Weg zu finden, und zwar genau zum richtigen Zeitpunkt. In den ersten 18 Jahren meines Lebens wollte ich Polizistin werden. Irgendwie änderte sich dieser Gedanke als ich die Schule beendete und meine Physiklehrerin vorschlug, ich solle versuchen, Physik zu studieren, weil ich gut darin sei und als Physikerin immer einen Job finden könne. Ich habe ihren Rat befolgt, und ich glaube, das war die beste Entscheidung überhaupt. In den letzten Jahren meines Bachelorstudiums entdeckte ich die Meteorologie, seitdem bin ich buchstäblich verliebt in meinen Beruf. Allerdings war es kein leichter Weg, manchmal wollte ich wirklich aufgeben. Eine Frau in der Wissenschaft zu sein, noch dazu eine Frau aus einem osteuropäischen Land, kann zu grundlegenden Herausforderungen führen, sowohl geistig als auch körperlich. Was mich in all diesen Jahren aufrechterhalten hat, war meine Leidenschaft für die Meteorologie und alles, was sie ausmacht. Ich habe meinen Job nie als JOB betrachtet. Wenn man liebt, was man tut, ist es kein Job mehr, sondern ein integrierter Teil des Lebens.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Ich mag, dass ich das tun kann, was ich liebe. Ich mag, dass ich mit Freude zur Arbeit gehe. Ich sehe meinen Job nicht als einen Ort, wo man hingeht, etwas tut und am Ende des Monats ein Gehalt bekommt. Ich mag meinen Job, weil ich nie auf die Uhr schaue, um zu sehen, wie viele Stunden ich noch arbeiten muss. Mir gefällt auch, dass Wissenschaftler:innen die Möglichkeit haben, die Welt zu verändern. Ohne die Wissenschaft und engagierte Menschen würden wir nicht vorankommen, wir könnten unsere Lebensqualität nicht verbessern. Trotzdem bin traurig darüber, dass es oft so schwierig ist Geld für unsere Ideen zu bekommen. Mein Traum ist es, in einer Gesellschaft zu leben, in der die Wissenschaft wie Fußball behandelt wird, das heißt, wenn wir eine:n außergewöhnlich gute:n Wissenschaftler:in entdecken, zahlen wir 200 Millionen Euro, um diese Person an ein Institut zu "transferieren", wie es im Fußball der Fall ist. Ich habe nie verstanden, wie man 200 Millionen Euro für eine Person zahlen kann, die buchstäblich 90 Minuten einem Ball hinterherläuft, während ein:e Wissenschaftler:in um einen unendlich kleineren Betrag kämpfen muss, um einen Impfstoff zu entwickeln, der Millionen von Leben retten könnte.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Die Wissenschaft ist ein ständiger Kampf und eine ständige Suche nach einer Möglichkeit, einen langfristigen Job zu bekommen, der einem die Kraft gibt, Hervorragendes zu leisten. Ein fester Arbeitsplatz nimmt zwar eine Menge Druck von den Schultern, aber er bringt auch eine andere Art von Druck mit sich. Sie sind in einer Position, in der Sie sich ständig um die Finanzierung von Promotionen, Postdocs usw. bemühen müssen. Sie haben viel mehr Pflichten und müssen die Hälfte Ihrer Arbeitszeit für bürokratische und andere Angelegenheiten aufwenden.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, es ist wichtig, unterstützende Menschen um sich zu haben. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, versuche ich, Zeit mit meinem Kind zu verbringen und mich ganz von meinem Laptop fernzuhalten, bis es eingeschlafen ist, aber danach muss ich immer noch arbeiten, um alle meine Aufgaben aufholen zu können. Das geht dann oft bis spät in die Nacht und ich schlafe höchstens sechs bis sieben Stunden. Bis ich meine langfristige Stelle bekam, hatte ich wirklich große Probleme damit, ein Gleichgewicht zwischen meiner Arbeit und meinem Privatleben zu finden.
Haben Sie ein Vorbild?
Ja. Meine Physiklehrerin in der Schule, Caterina Benedic, ohne deren Einfluss ich heute sicher keine Wissenschaftlerin wäre. Ich war sehr gut in Physik und sie hat mich ermutigt und an mich geglaubt.
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Nehmt euch Zeit, um zu entscheiden, was ihr wollt. Wenn ihr glaubt, dass ihr wirklich einen wissenschaftlichen Weg einschlagen wollt, schickt E-Mails an Wissenschaftler:innen und fragt sie, was ihr wissen wollt. Der vielleicht wichtigste Ratschlag, den ich geben würde: Selbst wenn du Zweifel hast, was du willst - wenn du die Wissenschaft liebst, dann mach es! Die Wissenschaft basiert auf Leidenschaft. Wenn du von Leidenschaft angetrieben wirst, wirst du höchstwahrscheinlich bei allem, was du versuchst, erfolgreich sein! Meine Leidenschaft und Liebe für die Meteorologie hat mich seit mehr als 20 Jahren am Laufen gehalten, trotz aller Kämpfe und Schwierigkeiten, die ich durchstehen musste. Also.....JUST DO IT!
Worum geht es in Ihrer Forschung?
Meine Forschung beschäftigt sich mit Wäldern im Klimawandel. Bäume und Wälder sind extrem wichtig für das Erdklima. Sie nehmen unter anderem große Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und speichern dieses in Holz und Boden. Da sich weltweit Wetterextreme wie Dürren und Hitzephasen häufen, ist dieser wichtige Beitrag von Wäldern zum Erdklima jedoch in Gefahr. In meiner Forschung beschäftige ich mich vor allem mit den physiologischen Prozessen: Welche Mechanismen haben Bäume um Dürren zu überstehen? Ab wann werden Schwellenwerte erreicht, bei denen die Bäume wirklich geschädigt werden und die Gefahr des Absterbens droht? Diese Erkenntnisse fließen in Modelle ein, um genauere Vorhersagen zu treffen, und erlauben uns auch, widerstandsfähigere Baumarten für das künftige Klima zu finden.
Wie sind Sie in die Forschung gekommen?
Ich war schon als Schülerin fasziniert von der Natur und wollte mehr über die Interaktionen zwischen Luft, Wasser, Pflanzen und Boden lernen. Daher habe ich mich für ein Studium der Umweltwissenschaften entschieden. Während dieses Studiums und meiner Diplomarbeit in Ecuador habe ich gemerkt, dass mich Bäume und Waldökosysteme sehr interessieren. Daran hat sich dann meine darauffolgende Forschung immer ausgerichtet. Rückblickend war mein Werdegang wohl eher geradlinig. Neben Fleiß hatte ich auch viel Glück und tolle Mentorinnen. Übrigens habe ich ich bisher ausschließlich in Arbeitsgruppen mit Frauen an der Spitze geforscht. Jetzt leite ich selber eine solche Arbeitsgruppe, das ist schon ein tolles Gefühl.
Was gefällt Ihnen am meisten daran, Wissenschaftlerin zu sein?
Mir gefällt, dass ich meinen Interessen folgen kann, mit Bäumen und in Wäldern arbeiten, nachdenken und knifflige Probleme lösen, mit interessierten Studierenden arbeiten kann. Ich kenne Kolleg:innen auf der ganzen Welt und lerne oft neue Menschen kennen. Für meine Forschung kann ich auch mal an tolle Orte reisen und habe viele Freiheiten.
Wissenschaft ist – zumindest bis zur Professur – ein unsicherer Job. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie sind Sie damit umgegangen?
Das ist natürlich belastend, aber ich habe eine positive Grundeinstellung und war deshalb immer der Meinung, dass es schon irgendwie klappen wird – und falls nicht, dann mache ich halt was anderes. Bisher hat sich diese Einstellung bestätigt, es hat geklappt und seit 2020 bin ich nun endlich festangestellt.
Wie schaffen Sie es, einen so fordernden Job mit einem Privatleben zu verbinden?
Das klappt oft recht gut, da der Beruf ja auch Flexibilität zulässt. Das ist gerade mit jungen Kindern wichtig. Gleichzeitig helfen die Kinder auch dabei loszulassen, da sie dafür sorgen, dass am Wochenende oder abends - jedenfalls bis die Kinder im Bett sind - immer was los ist. Da habe ich oft gar nicht so viel Zeit , mich um die Arbeit zu sorgen oder mir gar zu viele Gedanken zu machen. Manchmal klappt es auch weniger gut, vor allem dann, wenn ich wichtige Deadlines habe und ich mich noch um die Kinder im home schooling kümmern muss. Das ist dann schon sehr belastend.
Haben Sie ein Vorbild?
Ein direktes Vorbild habe ich nicht, aber mich beeindrucken generell starke Frauen in der Wissenschaft. Eine dieser Frauen ist Marie Curie. Ich finde es schon wahnsinnig beeindruckend, mit welcher Energie und Beharrlichkeit sie in der damaligen Zeit ihren Forschungsinteressen gefolgt ist, trotz all dem Gegenwind, den sie erfahren hat. Eine weitere Forscherin, deren Biographie ich gelesen habe und die ich toll finde, ist Margaret Lowman, die in den USA bekannt ist als „Einstein of the treetops“. Sie hat als eine der ersten systematisch die Baumkronen von Regenwäldern erforscht und dabei oft ganz pragmatisch ihre Kinder mitgenommen, die sie dann auch, als sie älter waren, bei ihrer Forschung unterstützt haben. Von diesen Frauen können wir alle unheimlich viel lernen!
Was möchten Sie Mädchen und Frauen mitgeben, die eine Karriere in der Wissenschaft anpeilen?
Mein Rat wäre zunächst, ein Thema zu finden, für das man wirklich brennt. Das kommt natürlich oft nicht von heute auf morgen, da muss man in sich reinhören und natürlich auch einfach mal Dinge ausprobieren, zum Beispiel Praktika machen und mal ins Ausland gehen und seinen eigenen Style und Interessen finden. Obwohl Forscher:innen meist hart und fokussiert an einem Thema arbeiten und auch viele einsame Stunden im Feld, Labor und am Computer verbringen, darf die menschliche Komponente nicht unterschätzt werden. Ein gutes Netzwerk zu Kolleg:innen weltweit ist extrem wichtig und bringt zudem enorm viel Freude.