Wieviel Klimawandel steckt im Wetter?


Neue AWI-Simulationen erlauben, reale Wetterereignisse in verschiedenen Klimaszenarien zu vergleichen und so aufzuzeigen, welche Rolle die globale Erwärmung bei den Extremen spielt


Erst vor wenigen Wochen sorgte das Sturmtief „Boris“ mit enormen Niederschlägen für Chaos und Überschwemmungen in Mittel- und Osteuropa. Wie eine Analyse des AWI zeigt, hätte „Boris“ in einer Welt ohne die heutige Erderwärmung rund neun Prozent weniger Regen gebracht. Möglich ist eine so konkrete Aussage durch eine neue Modellierungsmethodik, deren Einsatz in Nahe-Echtzeit im Fachmagazin Nature Communications Earth & Environment vorgestellt wurde. Parallel dazu hat das AWI-Team ein frei verfügbares Online-Tool veröffentlicht, mit dem Interessierte den Fingerabdruck des Klimawandels im aktuellen Wettergeschehen identifizieren und eigene Vergleichsgrafiken erstellen können. Somit kann ein Beitrag zu der Frage geleistet werden, die immer wieder in Öffentlichkeit, Politik und Medien diskutiert wird: War der globale Klimawandel schuld an der Katastrophe?
„Diese absolut legitime Frage kann die Forschung seit einigen Jahren schon recht gut beantworten“, sagt Leitautorin Dr. Marylou Athanase, Physikerin in der Abteilung Klimadynamik am AWI. „Bereits ein oder zwei Wochen nach dem Ereignis liefern sogenannte Attributionsstudien erste Aussagen dazu, in welchem Maße ein solches Ereignis durch den Klimawandel wahrscheinlicher geworden ist.“
Das Problem dabei: Wahrscheinlichkeiten sind oft schwer zu greifen, besonders wenn sie auf konkrete, erlebbare Ereignisse treffen. Gerade in der Kommunikation nach außen – mit der Öffentlichkeit und Entscheidungstragenden – fehlte der Wissenschaft bislang ein Werkzeug, das den Einfluss des globalen Klimawandels auf tatsächliches Wetter vor Ort eindrücklich und leicht verständlich zeigt. „Am AWI haben wir deshalb einen ganz neuen Weg maßgeblich mit vorangetrieben – den ‚Storyline‘-Ansatz“, erklärt Dr. Antonio Sánchez-Benítez, ebenfalls Physiker in der Abteilung Klimadynamik und Ko-Leitautor der Studie. „Im Kern arbeiten wir dabei nach dem Was-wäre-wenn-Prinzip. Wie hätte ein konkretes Ereignis in einer Welt ohne Klimawandel ausgesehen? Und wie in einem noch wärmeren Klima? Durch den Vergleich der Was-wäre-wenn-Szenarien mit der Realität können wir dann sehr konkret den Fingerabdruck des Klimawandels bestimmen – nicht nur für Extremereignisse, sondern auch für das alltägliche Wetter.“
Weitere Informationen auf der Website des AWI
Quelle: Pressemitteilung des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)