16.11.2022
Christian Mihatsch

Wie lässt sich der Schutz der Wälder organisieren?

Wälder sind in allen politischen Lagern populär. Trotzdem kommt der Schutz der Wälder nur langsam voran. Mittlerweile hat die Wissenschaft allerdings die besten Methoden identifiziert. Nun sind die Politiker:innen  am Zug und müssen diese auch implementieren.
 

Am Samstag letzter Woche fand an der 27. UN. Klimakonferenz (COP27) in Scharm el-Sheikh das erste Ministertreffen einer neuen Waldpartnerschaft statt. Die Minister:innen  sollen eine Walddeklaration konkretisieren, die letztes Jahr auf der COP 26 in Glasgow verabschiedet wurde. Zwischen den beiden COPs sind allerdings viele Länder abgesprungen. Während die Deklaration ursprünglich von 145 Ländern mitgetragen wurde, sind bei der neuen Partnerschaft nur noch 26 Länder dabei. Es fehlen insbesondere einige Länder mit sehr viel Wald wie Russland, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo. Anlässlich des Ministertreffens verwies Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Entwicklungsministerium, darauf, dass Deutschland seinen finanziellen Beitrag für die Wälder für den Zeitraum 2021 bis 2025 auf zwei Milliarden Euro verdoppelt.

In der Glasgower Walddeklaration hatten die Länder versprochen, die Entwaldung bis zum Jahr 2030 zu stoppen. Das bedeutet, dass die Abholzung jedes Jahr um zehn Prozentpunkte zurückgehen muss. Seit der letzten COP sei diese aber nur um 6,3 Prozentpunkte gesunken, sagte Friedrich Bohn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ. Das zeige: „Es wird etwas gemacht, aber es reicht nicht.“ Daher müsse die Waldpartnerschaft nun entscheiden, „wie der Waldschutz und die Wiederaufforstung organisiert werden sollen“, um das Ziel tatsächlich zu erreichen. Dabei sei „Freiwilligkeit“, die „am wenigsten effektive“ und „direkte Zahlungen an lokale Gruppen und indigene Völker die effektivste Methode“, so Bohn. Diese direkten Zahlungen seien insbesondere auch wirksamer als Zahlungen an die Regierungen der Partnerländer. Die Frage sei also: „Wer bekommt das Geld?“

Dabei geht es um erhebliche Summen, die allerdings noch nicht genau quantifiziert werden können. Nötig seien „zwischen 45 und 460 Milliarden Dollar pro Jahr“ so Bohn. Ein Großteil dieser Mittel wird den drei großen Regenwaldnationen Brasilien, Indonesien und der Demokratischen Republik Kongo zugutekommen. Diese drei Länder planten daher eine strategische Regenwald-Allianz zu gründen, sagte Oscar Soria von der Kampagnenorganisation Avaaz gegenüber der britischen Zeitung The Guardian: "Dieses Abkommen könnte ein vielversprechender Schritt nach vorne sein. Diese drei Ökosysteme sind entscheidend für die ökologische Stabilität der Welt." Möglich wurde diese Kooperation durch den Sieg von Luiz Inácio Lula da Silva (genannt Lula) in der brasilianischen Präsidentschaftswahl, der sein Amt aber erst am 1. Januar 2023 antreten wird. Lula hatte in seiner Rede zum Wahlsieg versprochen, die Entwaldung in seinem Land zu stoppen.

Volkswirtschaftlich würde sich nicht nur der Schutz bestehender Wälder, sondern auch die Wiederherstellung geschädigter oder gerodeter Waldflächen lohnen. Weltweit können knapp 300 Millionen Hektar so günstig aufgeforstet werden, dass die Kosten pro Tonne gebundenem CO2 unter 100 Dollar pro Tonne liegen (Zum Vergleich: EU-Verschmutzungsrechte kosten derzeit 75 Euro pro Tonne). Das ist die Fläche Indiens. Der Großteil dieser Flächen liegt in nur 24 Ländern, allen voran in Brasilien (23 Prozent). Dann folgen zwei Industriestaaten: die USA (13 Prozent) und Kanada (8 Prozent). Auf den Plätzen vier und fünf folgen dann Indonesien (5 Prozent) und die Demokratische Republik Kongo (3 Prozent). Das heißt über die Hälfte des Potentials liegt entweder in Nordamerika oder der Regenwald-Allianz. Das sei ein Vorteil sagt Bohn: "Die Tatsache, dass sich ein Großteil des Nutzens in sehr wenigen Ländern erreichen lässt, ist ein Vorteil auf dem diplomatischen Parkett, da wenige Länder viel bewegen können. Das reduziert die Komplexität der Verhandlungen über ein Aufforstungsprogramm stark."

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