Giftiges Erbe im Permafrost
Der arktische Permafrost speichert nicht nur Kohlenstoff, sondern auch Schadstoffe aus industriellen Aktivitäten. Diese können zutage gefördert werden, wenn der Permafrost taut – eine Gefahr für Ökosysteme und Menschen, warnen Forschende.
Bei rund einem Viertel der Landfläche auf der Nordhalbkugel sind die oberen Meter der Böden dauerhaft eingefrorenen – die sogenannten Permafrostböden.Diese Landschaften sind in den arktischen Gebieten Nordamerikas, Europas und Russlands sowie in weiter südlich gelegenen Hochgebirgen zu finden. Der Permafrost speichert den in ihm enthaltenen Kohlenstoff und hält ihn so von der Atmosphäre fern. Doch damit könnte bald Schluss sein: Durch die globale Erwärmung taut der seit Jahrtausenden gefrorene Boden vielerorts auf. Mikroorganismen zersetzen dann den Kohlenstoff, wodurch klimaschädliche Gase wie Methan und Kohlendioxid entstehen.
Tauender Permafrost gibt Schadstoffe frei
Forschende des Alfred-Wegener-Instituts in Potsdam warnen außerdem davor, dass der auftauende Permafrost Schadstoffe aus der Industrie freisetzen wird. In einer Studie identifizierten sie industrielle Standorte auf arktischem Permafrost – darunter Bergwerke, Anlagen zur Gas- und Ölförderung sowie Militäreinrichtungen. Für jeden dieser Industrietypen analysierten sie das Kontaminationsrisiko. „Wo Ressourcen gefördert werden, entstehen Abfallstoffe wie zum Beispiel Schwermetalle als Überbleibsel“, erklärt Umweltforscher Moritz Langer vom Alfred-Wegener-Institut und der Freien Universität Amsterdam. Auch organische Schadstoffe oder radioaktive Abfälle haben sich im arktischen Permafrost angesammelt oder wurden sogar absichtlich dort eingelagert.
Wenn der Permafrost taut, könnten die giftigen Substanzen in Flüsse oder Seen gelangen. Hinzu kommt die Gefahr, dass der Boden seine Stabilität verliert und die darauf stehenden Anlagen Schaden nehmen – was das Kontaminationsrisiko weiter erhöht. Mithilfe eines Computermodells zeigten die AWI-Forschenden: Selbst beim optimistischsten Klimaszenario von weniger als zwei Grad Erwärmung werden bis zum Ende des Jahrhunderts tausende Standorte betroffen sein. „Das gefährdet die Ökosysteme im Norden und die Menschen, die dort leben“,so Langer. Man müsse so schnell wie möglich Standorte absichern oder das kontaminierte Material wegräumen.