„Die Stärke eines Sturms richtig einordnen“
Wenn ein Orkan über Deutschland hinwegfegt, fragen sich heute viele Menschen, ob daran der Klimawandel Schuld ist. Diese und andere Fragen beantwortet künftig die neue Website Sturmmonitor. Oliver Krüger erzählt im Interview, welche Informationen der Sturmmonitor sonst noch liefert und wer ihn künftig nutzen soll.
Herr Krüger, der neue Sturmmonitor ist online gegangen. Warum ist es wichtig einzuschätzen, wie stark ein Sturm ist?
Seit einigen Jahren werden wir während eines Sturmereignisses oder Orkans immer öfter von Journalisten gefragt, ob das Ereignis noch normal ist oder dem Klimawandel zugeschrieben werden muss. Der Sturmmonitor vergleicht einen aktuellen Sturm mit Sturmdaten aus den vergangenen sieben Jahrzehnten. Damit lässt sich ein Sturm jetzt erstmals auf einen Blick einordnen.
Sind Stürme denn heute tatsächlich stärker?
Nein, keineswegs immer. Die Intensität der Stürme war zum Beispiel in den 1980ern und frühen 1990ern deutlich größer als heute. Wie unser Monitor zeigt, liegen die Anzahl und die Intensität der Stürme derzeit im Rahmen der natürlichen Schwankungsbreite. Und für die Zukunft bieten die Berechnungen des Weltklimarates noch kein konsistentes Bild zu dieser Frage.
Welcher war denn der stärkste Sturm an einer deutschen Küste?
Das war der Orkan Adolph Bermpohl im Jahr 1967 über der Nordsee. Er wurde nach dem gleichnamigen Seenotrettungskreuzer benannt, der damals schwer verunglückte. Seitdem sind über der Deutschen Bucht nie wieder so hohe Windgeschwindigkeiten gemessen worden.
Wer außer Journalisten profitiert noch von der neuen Website?
Im Grunde jeder Mensch, der sich für das Wetter und insbesondere Stürme interessiert. Gerade in Norddeutschland interessiert das Thema viele Menschen. Der Sturmmonitor kann jetzt Fragen wie „Ist der aktuelle Sturm noch normal oder schon Klimawandel?“ beantworten. Natürlich dient der Sturmmonitor auch Behörden, die für die Sicherheit der Bevölkerung und den Katastrophenschutz zuständig sind. Künftig wollen wir die 70 Jahre langen Zeitreihen auch öffentlich verfügbar machen. Wir waren bereits mit Rückversicherungen in Kontakt, die mit den Daten eigene Risiko- und Schadensberechnungen durchführen wollen. Wir selbst hier am Helmholtz-Zentrum Geesthacht sind gespannt, wer den Sturmmonitor künftig für welche Zwecke nutzen wird.
Der Sturmmonitor bietet verschiedene Informationen. Was erwartet die Nutzerinnen und Nutzer dort?
Besonders interessant dürfte der Vergleich der Windgeschwindigkeiten der aktuellen Sturmsituation mit der langjährigen Entwicklung sein. Die Besucherinnen und Besucher der Website können außerdem ablesen, wie viele Stürme es in der laufenden Saison oder im vergangenen Monat gegeben hat und inwieweit die Zahl vom langjährigen Trend abweicht. Darüber hinaus enthält die Website viele Grundlagen zum Thema Wind und zur Berechnung der Windgeschwindigkeiten. Damit bietet er auch fachfremden Menschen einen leichten Einstieg in das Thema Sturm.
Sie haben Meteorologie studiert und sich zunächst am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg mit der Klimavorhersage befasst? Wie sind Sie zum Thema Sturm und Wind gekommen?
Der Wind oder allgemein das Wetter haben mich schon immer interessiert. Ich bin auf einem Bauernhof in Brandenburg aufgewachsen – da liegt das Thema Wetter sehr nahe, weil man von ihm abhängig ist. Als Sechzehnjähriger habe ich aus Spaß täglich meine eigenen Wettermessungen gemacht, die Temperaturen und den Niederschlag in ein Protokollheft eingetragen. Als ich am Max-Planck-Institut war, kam ich irgendwann mit Hans von Storch hier am HZG, damals GKSS, in Kontakt, der mich fragte, ob ich nicht meine Doktorarbeit über die Berechnung von Windgeschwindigkeiten mithilfe von Luftdruckdaten schreiben möchte – eine Methode, die er zusammen mit Kollegen vom Deutschen Wetterdienst entwickelt hatte. In meiner Doktorarbeit habe ich die Methode dann validiert und verfeinert. Ein sehr schönes Ergebnis dieser Arbeit ist der Sturmmonitor.