CO2-Abscheidung und geologische Speicherung: Mehr Chancen als Risiken
In Deutschland wurden die Technologien zur Abscheidung von CO2 mit anschließender Speicherung im Untergrund (CCS) untersucht und anhand von Pilotprojekten getestet. Damit hierzulande industrielle Projekte umgesetzt werden können, sollte der Rechtsrahmen geändert werden, argumentieren Christoph Hilgers und Frank Schilling vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Treibhausgase in der Atmosphäre sind Voraussetzung für das Leben auf der Erde. Menschliche Aktivitäten, wie beispielsweise das Verbrennen fossiler Energieträger, setzen Treibhausgase frei und erhöhen ihre Konzentrationen in der Atmosphäre. Zu hohe Konzentrationen führen zur globalen Erwärmung. 2015 wurde das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet. Dabei einigten sich 195 Staaten darauf, die globale Erwärmung zu begrenzen - möglichst auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.
Wissenschaftliche Studien, unter anderem der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC, weisen nach, dass das Pariser Ziel ohne die Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) mit anschließender Speicherung im geologischen Untergrund (eng. Carbon Capture and Storage - CCS) nicht zu erreichen ist. Die CCS-Technologien und Verfahren sind mittlerweile international erforscht und das potenzielle Speichervolumen ermittelt. Die kommerziell erfolgreichen Projekte, beispielsweise der aktive offshore-Speicher Sleipner in Norwegen, haben die Machbarkeit einer geologischen Speicherung bereits demonstriert.
CCS in Deutschland
In Deutschland wurden wesentliche Grundlagen des CCS untersucht. Pilotprojekte haben die Funktionsfähigkeit der geologischen Speicherung nachgewiesen. Die erste erfolgreiche Verpressung von 67 Kilotonnen CO2 auf dem europäischen Festland wurde von 2008 bis 2017 im Rahmen eines Forschungsvorhabens bei Ketzin in Brandenburg umgesetzt. Dabei wurde erstmals die gesamte Prozesskette durchgeführt, inklusive Exploration, Verflüssigung und unterirdische Speicherung von CO2 sowie Verschluss des Speichers. Die Verfahren wurden über ein breit angelegtes Monitoring überwacht.
Zeitgleich zeigte das von 2008 bis 2014 betriebene Oxyfuel-Kraftwerk im Lausitzer Revier, wie CO2 aus dem Rauchgas abgetrennt und im Speicher in Ketzin erfolgreich gespeichert werden kann. Damit wurde vermutlich erstmals weltweit die gesamte Prozesskette für eine Industrieanlage von der Abtrennung des Kohlendioxids von anderen Gasen bis zur geologischen Speicherung geschlossen. Die Pilotanlage zur Abtrennung von CO2 aus dem Rauchgas am Kraftwerk Niederaußem im rheinischen Revier wird seit 2009 betrieben.
Rechtsrahmen für CCS
Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben den Rechtsrahmen zur Speicherung von CO2 in Europa bereits 2009 beschlossen. Die Richtlinie regelt unter anderem, wie CO2-Speicher qualifiziert und überwacht werden müssen, um Risiken für die Umwelt und Gesundheit zu vermeiden.
Der Deutsche Bundestag kam 2022 bezüglich der nationalen Umsetzung der Richtlinie, des sogenannten Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes, zur Einschätzung, "dass der aktuelle Rechtsrahmen der konkreten Anwendung von CCS in der Praxis entgegensteht". Gleichzeitig sehen viele wissenschaftlichen Studien diese Technologien in unterschiedlichen Abstufungen als einen Teil einer Strategie zur Erreichung der Klimaneutralität in Deutschland bis 2045.
Chancen und Risiken
Damit die Chancen der CCS-Anwendung die Risiken der CO2-Speicherung signifikant übersteigen, müssen die geologischen Speicher und Reservoir-Qualitäten untersucht und die Eignung rasch nachgewiesen werden. Die Risiken der Verpressung und langfristiger Speicherung können weiter minimiert werden, in dem die stetig weiterentwickelnden Methoden der Reservoir-Erschließung, Einspeicherung und einer Überwachung einbezogen werden.
Weltweit werden unter anderem in den USA, Norwegen und Dänemark industrielle CCS-Projekte umgesetzt, teilweise in Zusammenarbeit mit den deutschen Firmen. Deutschland besitzt das technische und wissenschaftliche Potenzial, um die industriellen CCS-Projekte zu realisieren und an der Wertschöpfung teilzunehmen. Deutschland könnte damit sowohl einen signifikanten nationalen Beitrag zu den klimapolitischen Zielen leisten als auch innovative Technologien entwickeln und exportieren.