Macht der Klimawandel Pause?
Behauptung: „Die Erde kühlt sich schon wieder ab“
Behauptung: "Die globale Erwärmung hat gestoppt, und es beginnt eine Abkühlung. Kein Klimamodell hat eine Abkühlung der Erde vorhergesagt – ganz im Gegenteil. Das bedeutet, dass die Prognosen für das künftige Klima nicht verlässlich sind." Henrik Svensmark
Antwort: Empirische Messungen des Wärmegehalts der Erde zeigen, dass der Planet seit Jahrzehnten kontinuierlich Wärme aufnimmt und die globale Erwärmung voranschreitet. Daran ändert nichts, dass die Temperaturen der Erdoberfläche über kürzere Zeiträume auch mal Abkühlungstrends zeigen. Ursache hierfür ist beispielsweise der Austausch von Wärme zwischen Atmosphäre und Ozean, der eine größere Wärmekapazität hat als die Luft.
Bei der Suche nach Belegen für die globale Erwärmung sollte man auf viele verschiedene Indikatoren achten. Es liegt nahe, bei der Lufttemperatur anzufangen – und tatsächlich beziehen sich die meisten Aussagen zur Erderwärmung auf Veränderungen der Temperaturen an der Erdoberfläche. Aber eine gründliche Betrachtung sollte so umfassend wie möglich sein: Meerestemperaturen, Ausdehnung der Schneedecke, Eisschmelze und vieles andere sollte berücksichtigt werden.
In Abbildung 1 sind einige Schlüsselindikatoren für die Erderwärmung dargestellt, die von der Klimawissenschaft identifiziert worden sind. Und jeder von ihnen bewegt sich in die Richtung, die jeweils bei einer Erwärmung des Planeten zu erwarten wäre.
Abbildung 1: Bei fünf dieser Klimaindikatoren wäre in einer Welt, die sich erwärmt, ein Rückgang zu erwarten – und Beobachtungen zeigen, dass sie tatsächlich zurückgehen. Bei sieben weiteren Indikatoren ist eine Zunahme zu erwarten – und auch sie nehmen tatsächlich zu. Quelle: SkepticalScience.com
Die Frage, ob die globale Erwärmung aufgehört hat, wird oft im Zusammenhang mit aktuellen Wetterereignissen aufgeworfen – beispielsweise nach heftigen Schneefällen, einer Kältewelle oder einem ungewöhnlich kühlen Sommer. Doch solche punktuellen und kurzzeitigen Ereignisse sagen wenig über die globale Erwärmung – sie sind nur Wetterphänomene. Beim Klima hingegen sind langfristige Trends wichtig, die über Jahrzehnte (oder länger) gemessen werden und natürliche Schwankungen des Klimasystems berücksichtigen. Und solche langfristigen Messungen zeigen eindeutig, dass die Erde immer wärmer wird.
Deshalb sind auch mehrjährige Phasen, in denen die Oberflächentemperatur der Erde stagniert oder gar zurückgeht, kein Argument gegen die Realität der globalen Erwärmung. Die Erfahrung zeigt – ebenso wie computergestützte Klimamodelle –, dass es im Verlaufe einer längerfristigen Erwärmung stets Zeiträume gibt, in denen ein Temperaturanstieg der Luft ausbleibt, zum Beispiel weil Wärme in die Ozeane abgeführt wird (allerdings hat die Klimaforschung es lange vernachlässigt, darauf offensiv hinzuweisen).
Studien wie Easterling/Wehner 2009, kommen zu dem Ergebnis, dass auch bei stetiger Zunahme von Treibhausgasen
„das Klima im 21. Jahrhundert Perioden von einer oder zwei Dekaden aufweisen kann und wahrscheinlich auch aufweisen wird, in denen die Erdmitteltemperatur keinen Trend zeigt oder gar einen leicht abkühlenden“.
Eine solche Phase hatte es zum Beispiel zwischen 1998 und etwa 2012 gegeben – in jenem Zeitraum waren die globalen Temperaturen weniger angestiegen als zuvor, was Kritiker:innen der Klimaforschung dazu veranlasste, den Erwärmungstrend insgesamt zu bestreiten. Auf diese angebliche „Pause“ folgten jedoch zahlreiche Jahre, die zu den wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen gehören. Dies macht klar: Aussagen zum Klimawandel, die sich auf kurze Zeiträume beziehen, sind wenig seriös.
Langfristig betrachtet zeigt die Entwicklung jedenfalls eine klare Richtung: Die Erde erhitzt sich. Wie Abbildung 2 illustriert, klettert die durchschnittliche Temperatur an der Erdoberfläche immer höher, alle Jahrzehnte seitdem waren wärmer als die vorherigen.
Abbildung 2: Jährliche Erdmitteltemperatur über Land und Ozeanen von 1850 bis 2022 gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1850-1900 (schwarze Kurve), Durchschnitt der jeweiligen Jahrzehnte (blaue bzw. rote Balken) sowie Langfristtrend (schwarze Linie); Quelle: NOAA/NCEI
Larry M./klimafakten.de, November 2011;
zuletzt aktualisiert: Februar 2023
Mit Blick auf die vergangenen Jahre wirkt die Behauptung, die Erde kühle sich ab, ziemlich absurd: Die acht Jahre 2015 bis 2022 waren die acht wärmsten überhaupt seit Beginn der Aufzeichnungen (WMO 2023). Und doch wird die fortschreitende Erhitzung nach einzelnen, etwas kühleren Jahren immer mal wieder angezweifelt. Vor allem während einer Episode zwischen 1998 und 2012, die manchmal als "Wärmepause" bezeichnet wurde, hörte man das häufig. Doch der Klimawandel stoppt nicht von selbst, ganz im Gegenteil.
Selbst wenn es mal ein weniger heißes Jahr gibt oder gar mehrere in Folge, kann man daraus nicht schließen, die Erde kühle sich ab. Zum einen braucht man längere Zeiträume, um wirklich verlässliche Aussagen über die Klimaentwicklung treffen zu können (Easterling/Wehner 2009, Santer et al. 2011). Die Erfahrung zeigt ebenso wie computergestützte Klimamodelle, dass es im Verlaufe einer längerfristigen Erwärmung stets Zeiträume gibt, in denen wegen natürlicher Schwankungen im Klimasystem ein Temperaturanstieg der Luft ausbleibt (allerdings hat die Klimaforschung es lange versäumt, darauf offensiv hinzuweisen).
Zum anderen übersieht die Behauptung, ein Ausbleiben neuer Temperaturrekorde bedeute eine globale Abkühlung, einige einfache physikalische Realitäten: Landoberfläche und Atmosphäre sind nur ein kleiner Teil des Klimasystems der Erde. Wie aber der Begriff „Erderwärmung“ schon sagt, geht es beim Klimawandel um ein Aufheizen der gesamten Erde. Bei einem Ungleichgewicht zwischen empfangener und abgestrahlter Energie, erwärmt sich das gesamte Klimasystem: Die Atmosphäre heizt sich auf. Die Wärmemenge im Ozean steigt. Die Landoberflächen nehmen Energie auf, auch die Eismassen absorbieren Energie und schmelzen. Für eine Gesamtbetrachtung der Erderwärmung, muss deshalb unbedingt die Wärmemenge des gesamten Klimasystems betrachtet werden.
Die Ozeane nehmen riesigen Mengen an Wärme auf
Genau dies leisten Studien seit einigen Jahren, also sie bilanzieren die Wärmegehalte von Ozeanen, Atmosphäre, Land- und Eismassen und erstellen sozusagen ein umfassendes „Hitzeinventar“ („heat inventory“) der Erde (Murphy et al. 2009, Church et al. 2011, Schuckmann et al. 2020). Den gesammelten Stand der Forschung zum Energiebudget des Planeten fasste der IPCC in seinem Sechsten Sachstandsbericht zusammen (IPCC 2021, Band 1, Kapitel 7, Box 7.2). Und dieser umfassende Blick auf die Änderung der globalen Wärmemenge zeigt, dass die Erhitzung auch zwischen 1998 und 2012 weitergegangen ist.
Wie Abbildung 1 deutlich macht, sind die Wärmemengen von Atmosphäre und Landmassen geradezu winzig im Vergleich mit der Wärmemenge in den Ozeanen. Diese hat insbesondere seit der Jahrtausendwende immens zugenommen.
Abbildung 1: Veränderung der Wärmebilanz Energieveränderung der Erde von 1960 bis 2018. Die blauen Flächen stehen für die oberen, mittleren und tieferen Schichten der Ozeane, braun für die Landmassen, grau für jene Energie, die bei Eisschmelze absorbiert wird, lila für die Atmosphäre; Quelle: Schuckmann et al. 2020
Wenn aber die Wassermassen der Ozeane so riesige Mengen an Wärme aufnehmen oder abgeben, kann das die Temperaturen der Atmosphäre und an der Landoberfläche stark verändern – deshalb ist es ziemlich fehleranfällig, nur die Atmosphärentemperaturen als Indikator für die Erderwärmung zu nutzen, wie es oft getan wird. Im Jahr 1998 etwa sorgte ein außerordentlich starker El Niño dafür, dass große Teile des Pazifiks sehr hohe Meeresoberflächentemperaturen aufwiesen. Zudem wurde viel Wärme an die Atmosphäre abgegeben, wodurch auch die angrenzenden Landmassen zu warm waren. Umgekehrt gab es danach eine Häufung von La-Niña-Jahren, was eine kühlende Wirkung auf die Meeresoberflächentemperaturen in diesen Regionen hatte. Derartige interne Schwankungen, durch die innerhalb unseres Klimasystems Wärme umverteilt wird, sind ein wichtiger Grund für die kurzzeitig variierenden Oberflächentemperaturen der Erde.
Seit Anfang der 1970er Jahre, das hat die Forschung eindeutig belegt, nahm die Gesamt-Wärmemenge im Klimasystem immer weiter zu. Schuckmann et al. 2020 beziffert den Energiezuwachs im Zeitraum 1971 bis 2018 auf etwa 358 Zettajoule (ZJ). Die Vorsilbe „Zetta“ steht für eine Trilliarde, also eine Zahl mit 21 Nullen). Pro Jahr bedeutet dies eine Wärmeaufnahme von durchschnittlich 7,5 ZJ.
Die steigenden Treibhausgas-Emissionen durch menschliche Aktivitäten haben dazu geführt, dass das Erwärmungstempo der Ozeane drastisch zugenommen hat. Waren es in den 1960er Jahren unter fünf ZJ pro Jahr, so betrug der Wert in den 2010er Jahren bereits rund zehn ZJ (Cheng et al. 2020, Cheng et al. 2022). Um diese abstrakte Zahl anschaulich zu machen, haben Wissenschaftler zu einem drastischen Vergleich gegriffen: „Die über Hiroshima gezündete Atombombe setzte eine Energiemenge von 63.000.000.000.000 Joule frei“, erklärte Lijing Cheng, Professor an der chinesischen Akademie der Wissenschaften im Jahr 2020 dem US-Fernsehsender CNN. „Die Energiemenge, die wir allein in den vergangenen 25 Jahren in die Ozeane gebracht haben, entspricht 3,6 Milliarden Hiroshima-Bomben.“
Umgerechnet waren das in jeder Sekunde der zweieinhalb Jahrzehnte vier Atombomben-Explosionen – im Durchschnitt des gesamten Zeitraums. Weil die Erhitzung immer weiter zunimmt, ergänzte sein Kollege John Abraham von der University of St. Thomas im US-Bundesstaat Minnesota, „sind wir jetzt [er sprach im Jahr 2020] schon bei fünf oder sechs Hiroshima-Bomben pro Sekunde.“
Natürliche Variabilität im Klimasystem
Zurück zu den Jahr-zu-Jahr-Schwankungen der Lufttemperatur bei insgesamt klar zunehmender Erwärmung: Neben der Umverteilung von Wärme in den Ozeanen oder zwischen Ozeanen und Atmosphäre gibt es noch weitere Gründe. In einer vielbeachteten Untersuchung haben Foster/Rahmstorf 2011 versucht, natürliche Variabilität (wie El-Niño/La-Niña-Effekte, Sonnen- und Vulkanaktivität) aus der Temperaturkurve der Atmosphäre herauszurechnen, und so die menschengemachte Erwärmung zu isolieren. Ihr Ergebnis (siehe Abbildung 2): Filtert man die natürlichen Schwankungen des Klimasystems heraus, zeigt der Erwärmungstrend auch der Luftmassen stabil nach oben.
Abbildung 2: Animierte Grafik von fünf Datensätzen der Temperaturen an der Erdoberfläche und in der unteren Troposphäre – einmal bevor und einmal nachdem die Kurzfristschwankungen herausgefiltert wurden, die durch El-Niño (ENSO) sowie Veränderungen der vulkanischen und der solaren Aktivität entstehen. (Für alle Datensätze wurde in laufender Zwölf-Monats-Durchschnitt verwendet.); Quelle: SkepticalScience.com/Foster/Rahmstorf 2011
Auch der IPCC hat sich in seinem Fünften Sachstandsbericht von 2013/2014 – weil das Thema damals von Kritiker:innen der Forschung immer wieder aufgebracht wurde – gründlich mit dem vermeintlichen „Ende der Erderwärmung“ befasst (IPCC 2013, AR5 Band 1, Kapitel 9, Box 9.2). Seiner Einschätzung nach war die vorübergehende Verlangsamung der Atmosphärenerwärmung in den Jahren nach 1998
„zu etwa gleichen Teilen auf einen Kühleffekt aus interner Variabilität [Wärmeumverteilung innerhalb des Klimasystems] sowie einem verminderten externen Strahlungsantrieb [vermehrte Vulkan- und verminderte Sonnenaktivität] zurückzuführen“.
Wie erwähnt folgten auf die Phase verlangsamter (Atmosphären)Erwärmung dann wieder etliche Hitze-Rekordjahre. Als 2021 der Sechste IPCC-Sachstandsbericht erschien, war deshalb die zuvor so viel diskutierte „Erwärmungspause“ kein großes Thema mehr. In der Zeit zwischen den beiden Berichten hatten neuere Forschungsarbeiten im Gegenteil sogar ergeben, dass sich der Planet zwischen 1998 und 2012 doch etwas stärker erwärmt hatte, als zuvor angenommen (IPCC 2021, AR6, Band 1, Cross-Chapter Box 3.1).
Bei einer gründlichen Betrachtung kann also nicht im Geringsten die Rede davon sein, dass sich die Erde abkühlt – ganz im Gegenteil.
John Cook/Larry M./klimafakten.de, November 2011;
zuletzt aktualisiert: Februar 2023