Ist der Klimawandel wirklich (so) schlimm?
Behauptung: „Der Klimawandel ist nicht so schlimm“
"Zwei Jahrtausende Menschheitsgeschichte zeigen, dass Warmzeiten gut waren für die Menschen und Phasen kühlen Klimas große Hungersnöte und Epidemien brachten."
Antwort: Eine große Zahl von Studien hat ergeben, dass die Erderwärmung vielfältige negative Auswirkungen auf Landwirtschaft, Ökonomie, Gesundheit und Umwelt haben wird. Diese überwiegen in der Gesamtschau etwaige positive Seiten des Klimawandels bei weitem.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass die meisten Auswirkungen des Klimawandels nur vergleichsweise geringen oder gar keinen Nutzen haben werden – während andererseits große Schäden und beträchtliche Kosten drohen. Im Folgenden wird beispielhaft eine Auswahl von Lebensbereichen oder Phänomenen des Klimawandels betrachtet:
LANDWIRTSCHAFT
Natürlich ist Kohlendioxid wichtig für das Pflanzenwachstum, deshalb hat ein höherer CO2-Gehalt der Atmosphäre einen gewissen Düngeeffekt. Doch die Landwirtschaft ist stark abhängig von anderen Faktoren, etwa einer gleichmäßigen Wasserzufuhr - genau diese aber wird in manchen Regionen durch den Klimawandel, durch vermehrte Überflutungen und Dürren erheblich gestört werden. Daneben führt mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre auch dazu, dass beispielsweise bei Getreide die Qualität der Ernte sinkt.
Behauptungen, Gebiete in höheren Breiten – z. B. Sibirien – würden durch die globale Erwärmung produktiver, sind zweifelhaft. Der Boden in der Arktis und in angrenzenden Gebieten ist nämlich sehr nährstoffarm; und die Menge an Sonnenlicht, die den Boden im Sommer erreicht und die wichtig ist für das Pflanzenwachstum, wird sich infolge des Klimawandels nicht ändern, weil sie durch die Neigung der Erdachse bedingt ist.
Weitere negative Folgen der Erderwärmung sind das vermehrte Auftreten von Waldbränden oder Pflanzenschädlingen. Auch für die Tierhaltung sind Beeinträchtigungen zu erwarten, etwa durch Veränderungen bei den Weideflächen und dem verfügbaren Wasser. Vor allem die zunehmende Hitze setzt den Tieren zu und verringert die Produktivität in der Fleisch-, Eier- oder Milchproduktion ebenso wie in der Fischerei oder bei Aquakulturen. Der Klimawandel droht in vielen Regionen zu einer Gefahr für die Nahrungsversorgung zu werden, warnt der IPCC in seinem Sechsten Sachstandsbericht, der sich in einem eigenen Kapitel mit den Auswirkungen unter anderem auf Land- und Fortwirtschaft befasst (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 5). Zusammenfassend stellt der IPCC fest:
"Der Klimawandel wird zunehmend Druck auf die Nahrungsmittelproduktion und den Zugang zu Nahrungsmitteln ausüben, insbesondere in verwundbaren Regionen, und damit die Ernährungssicherheit und die Nährstoffversorgung untergraben (hohes Vertrauen). Steigende Häufigkeit, Intensität und Schwere von Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen sowie der anhaltende Meeresspiegelanstieg werden zwischen 1,5 °C und 2 °C globaler Erwärmung die Risiken für die Ernährungssicherheit (hohes Vertrauen) in verwundbaren Regionen von mäßig auf hoch ansteigen lassen, wenn keine oder nur wenig Anpassung stattfindet (mittleres Vertrauen). Bei einer globalen Erwärmung von 2 °C oder mehr werden mittelfristig die Risiken für die Ernährungssicherheitaufgrund des Klimawandels schwerwiegender sein und zu Unterernährung und Mikronährstoffmangel führen, vor allem in Afrika südlich der Sahara, in Südasien, Zentral- und Südamerika und auf kleinen Inseln (hohes Vertrauen). Die globale Erwärmung wird die Bodengesundheit und Ökosystemleistungen wie Bestäubung zunehmend schwächen, den Druck durch Schädlinge und Krankheiten erhöhen und die tierische Biomasse im Ozean verringern, was die Nahrungsmittelproduktivität in vielen Regionen an Land und im Meer untergräbt (mittleres Vertrauen). Bei einer globalen Erwärmung von langfristig 3 °C oder mehr werden erheblich größere Flächen klimabedingten Gefahren ausgesetzt sein als bei einer globalen Erwärmung von 2 °C oder weniger (hohes Vertrauen), wodurch die regionalen Unterschiede bei Risiken für die Ernährungssicherheit verschärft werden (hohes Vertrauen)."
(IPCC 2022, AR6, Band 2, Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung, SPM.B.4.3)
Auf der Basis von Modellrechnungen kam eine Studie im Medizin-Journal The Lancet zu dem Ergebnis, dass durch die verschlechterte Nahrungsmittelversorgung infolge des Klimawandels bis 2050 weltweit mit rund 500.000 zusätzlichen Todesfällen gerechnet werden müsse, am stärksten betroffen seien China und Indien (Springmann et al. 2016).
GESUNDHEIT
Wenn im Zuge der Erderwärmung die Zahl von extrem kalten Tagen zurückgeht, dürfte auch die Zahl der Kältetode sinken, vor allem in nördlichen Breiten. Doch im Gegenzug droht durch heißere Sommer eine steigende Zahl von Hitzetoten. Und deren Zunahme wird wahrscheinlich stärker ausfallen als der Rückgang der Kältetoten. Darüber hinaus wird infolge des Klimawandels mit einer weiteren Ausbreitung von Insekten gerechnet, die Krankheiten übertragen. Fälle von Malaria, Dengue- und West-Nil-Fieber werden deshalb in Europa häufiger, auch für Durchfallerkrankungen und Allergien wird eine Zunahme erwartet (EEA 2022).
Eine Kommission der renommierten Fachzeitschrift The Lancet legte 2015 eine umfassende Untersuchung der vielfältigen und weitreichenden Folgen der Erderwärmung auf die öffentliche Gesundheit vor. Der Klimawandel stelle „ein unakzeptabel hohes und potenziell katastrophales Risiko für die menschliche Gesundheit“ dar, Klimaschutz sei daher „die größte Chance für die globale Gesundheitsversorgung im 21. Jahrhundert“. Jährlich veröffentlicht die Zeitschrift seitdem seinen Lancet Countdown on Health and Climate Change, in dem jeweils aktuell die Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel sowie Gegenmaßnahmen der weltweiten Regierungen analysiert werden.
Auch der IPCC befasst sich in seinen Reports regelmäßig mit dem Thema. In Band 2 des Sechsten Sachstandsberichts von 2022 sind in einem detaillierten Kapitel die weltweiten Forschungsergebnisse zusammengetragen, die negativen Folgen des Klimawandels für die Gesundheit beträfen besonders oft Menschen, die ohnehin benachteiligt sind, heißt es dort beispielsweise (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 7). Das Fazit lautete:
„Der Klimawandel und die damit verbundenen Extremereignisse werden kurz- und langfristig zu einer erheblichen Zunahme von Krankheit und vorzeitigen Todesfällen führen (hohes Vertrauen). Weltweit wird die Exposition der Bevölkerung gegenüber Hitzewellen mit zusätzlicher Erwärmung weiter zunehmen, wobei ohne zusätzliche Anpassung starke geografische Unterschiede bei der hitzebedingten Sterblichkeit bestehen werden (sehr hohes Vertrauen). Ohne zusätzliche Anpassung werden laut Projektionen die Risiken durch über Lebensmittel, Wasser und Vektoren übertragene klimaabhängige Krankheiten bei allen Erwärmungsgraden steigen (hohes Vertrauen). Insbesondere das Dengue-Fieber-Risiko wird mit einer längeren Saison und einer größeren geografischen Verbreitung in Asien, Europa, Zentral- und Südamerika sowie Afrika südlich der Sahara zunehmen, wodurch bis Ende des Jahrhunderts potenziell Milliarden weitere Menschen gefährdet sein werden (hohes Vertrauen). Psychische Gesundheitsprobleme, einschließlich Angst und Stress, werden bei weiterer globaler Erwärmung voraussichtlich in allen betrachteten Regionen voraussichtlich zunehmen, insbesondere bei Kindern, Jugendlichen, älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen (sehr hohes Vertrauen).“
(IPCC 2022, AR6, Band 2, Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung, SPM.B.4.4)
UMWELT
Sicherlich wird der Klimawandel auch einige positive Auswirkungen auf die Umwelt haben, etwa ein prinzipiell verstärktes Pflanzenwachstum durch höhere CO2-Konzentration in der Luft oder eine zunehmende Vegetation in nördlichen Breiten. Doch zahlreiche Studien belegen, welche negativen Folgen drohen: Waldsterben und häufigere Brände, die Zunahme sauerstoffarmer Meeresgebiete, Verunreinigung oder Erschöpfung von Frischwasser, weit verbreitetes Absterben der Vegetation durch Dürren, stark erhöhtes Risiko für das Absterben von Korallen, Abnahme des globalen Photoplanktons, Veränderungen beim Wanderverhalten von Vögeln und anderen Tieren, Veränderungen bei den Jahreszeiten, Unterbrechung von Nahrungsketten und der Verlust von Arten und vieles mehr.
Auch wenn es schwer ist, das Risiko von Artensterben exakt zu beziffern, warnt der IPCC in seinem Sechsten Sachstandsbericht ausdrücklich (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 2, Executive Summary):
"Das Aussterben von Arten ist eine unumkehrbare Konsequenz des Klimawandels, das Risiko steigt mit zunehmenden Globaltemperaturen steil an. Die mittleren Schätzungen für den Prozentsatz von Arten, die sehr stark vom Aussterben bedroht sein werden ... , liegen
bei 9 Prozent für eine Erwärmung um 1,5 °C,
bei 10 Prozent für 2 °C,
bei 12 Prozent für 3 °C,
bei 13 Prozent für 4 °C und
bei 15 Prozent für 5 °C. Die wahrscheinlichen Werte für die Maximalschätzungen des Aussterberisikos liegen zwischen 14 Prozent (bei 1,5 °C) und 48 Prozent (bei 5 °C)."
Zu den am stärksten gefährdeten Tier- und Pflanzenarten bei mittelstarken Temperaturanstiegen gehören demnach Wirbellose (inklusive Bestäuber), Amphibien (am stärksten Salamander) sowie Blütenpflanzen.
Wenn Arten aussterben oder Ökosysteme zusammenbrechen, ist das übrigens nicht nur eine Angelegenheit der Natur. Auch der Mensch profitiert auf vielerlei Weise von Tieren und Pflanzen und den von ihnen erbrachten, sogenannten „Ökosystem-Dienstleistungen“ (etwa die Blütenbestäubung bei Nutzpflanzen durch Bienen oder die Bindung von CO2 durch Wälder). Ein Verlust an Artenvielfalt kann deshalb auch für die Menschheit weitreichende Folgen haben.
Der Stand des Wissens zur weltweiten Biodiversität wird übrigens regelmäßig durch den IPBES in umfangreichen Berichten zusammengetragen, ein weltweites Wissenschaftsgremium ähnlich dem IPCC.
TAUEN DER ARKTIS
Zwar brächte die Öffnung eisfreier Schifffahrtsrouten in der Arktis kommerzielle Vorteile (kürzere Wege für Handelsschiffe zwischen Europa und Asien) und einen einfacheren Zugang zu Energie- und Mineralvorkommen. Doch diese müssen gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels abgewogen werden, etwa den Verlust an Lebensraum für lokale Tierarten (wie den Eisbären) oder auch eine Zunahme an beweglichen Eishindernissen für die Schifffahrt.
Zudem verstärkt die Arktisschmelze selbst die Erderwärmung: Die mit ihr verbundene Albedoänderung der Erdoberfläche (offener Ozean reflektiert weniger Sonne als helle Eis- und Schneedecke) führt zu einer weiteren Erwärmung des Wassers was wiederum die Schmelze beschleunigt. Nach dem gleichen Prinzip trägt zudem der Rückgang der saisonalen Schneedecke auf der Nordhalbkugel zum Klimawandel bei. Experten sprechen hier von einem "positiven Feedback" ("verstärkende Rückkopplung“ – IPCC 2021, AR6, Band 1, Kapitel 7.4.2.3). Ähnlich wirkt die Erwärmung der arktischen Tundra: Aus dem tauenden, zuvor dauerhaft gefrorenen Boden wird Methan frei, ein sehr starkes Treibhausgas, was die Erderwärmung ebenfalls weiter beschleunigt.
GLETSCHERSCHMELZE
Die Auswirkungen des weltweiten Gletscherschwunds sind überwiegend negativ. Viele Millionen Menschen (laut mancher Schätzungen ein Sechstel der Weltbevölkerung) sind vom Frischwasser abhängig, das von der natürlichen Schneeschmelze im Frühjahr stammt, und diese Wasserquelle – für Trinkwasser und die Landwirtschaft – könnte in vielen Regionen versiegen. Außerdem trägt das Schmelzen der Gletscher zum Anstieg der Meeresspiegel bei.
ANSTIEG DER MEERESSPIEGEL
Viele Regionen der Erde sind tiefgelegen, und hier ballen sich Bevölkerung und Infrastrukturen besonders. Schon ein relativ geringer Anstieg der Meeresspiegelkann in diesen Gegenden schwerwiegende Auswirkungen haben: Sturmfluten richten stärkere Schäden an, zerstören Siedlungen, Straßen, Bahnlinien. Äcker werden von Salzwasser überflutet, grundwasserführende Schichten verunreinigt. Vorsorgemaßnahmen, etwa Dämme, erfordern hohe Investitionen. Die Tourismuswirtschaft ist durch die Erosion von Stränden bedroht.
Indirekt dürften die Folgen anschwellender Meeresspiegel weltweit zu spüren sein, stellt der IPCC in seinem Sechsten Sachstandsbericht fest (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 3, Cross-Chapter-Box zum Meeresspiegelanstieg). Bei ungebremsten Treibhausgasemissionen (Szenario RCP8.5) wären bis Ende des Jahrhunderts rund 2,5 bis neun Prozent der Weltbevölkerung und zwölf bis 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung (GDP bzw. BIP) Küstenüberflutungen ausgesetzt. Bei einer Erderhitzung von mehr als 3 °C und geringen Anpassungsmaßnahmen könne der Meeresspiegelanstieg „zu Störungen in Häfen und Küsteninfrastrukturen führen, die sich wiederum kaskadenartig über Sektoren und Regionen ausbreiten und Auswirkungen auf Finanzsysteme haben können.“
Für die fernere Zukunft warnt der IPCC:
„Auf einer Zeitskala von Jahrhunderten stellt der absehbare Meeresspiegelanstieg eine existenzielle Bedrohung für Inselstaaten, niedrig gelegene Küstengebiete und die dortigen Gemeinden, Infrastrukturen und das kulturelle Erbe dar. Selbst wenn die Klimaerwärmung bei 2 °C bis 2,5 °C stabilisiert wird, werden sich die Küstenlinien über Jahrtausende hinweg weiter verändern, mindestens 25 Megastädte gefährden und niedrig gelegene Gebiete überfluten, in denen 2010 zwischen 600 Millionen und 1,3 Milliarden Menschen lebten (mittlere Gewissheit).“
WIRTSCHAFT
Die (gesamt)wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels sind eines der umstrittensten Forschungsthemen – denn das Beziffern und Bewerten ökonomischer Folgen in der Zukunft ist sehr stark von den jeweils getroffenen Annahmen abhängig. Die meisten Untersuchungen erwarten zahlreiche negative Folgen und nur vergleichsweise geringe positive Auswirkungen. Der Stern-Report im Auftrag der britischen Regierung machte 2006 das generelle Muster der ökonomischen Notlage deutlich: Selbst wenn die genauen Zahlen in Zweifel gezogen werden, wären die Kosten eines ungebremsten Klimawandels sehr viel höher als die Kosten, ihn zu verhindern.
Sicherlich bringt die Erderwärmung auch positive Folgen für einige Weltregionen (etwa Nordeuropa oder Russland) und Branchen (für Bergbauunternehmen werden neue Lagerstätten in der Arktis zugänglich). Dem stehen aber schwerwiegende negative Auswirkungen an anderer Stelle gegenüber: Störungen im Welthandel, beim Transport, der Energieversorgung, der Versicherungsbranche, auf Finanz- und Arbeitsmärkten usw. Der IPCC stellt in seinem Sechsten Sachstandsbericht fest (IPCC 2022, AR6, Band II, Kapitel 16, Executive Summary):
„Extreme Wetterereignisse verursachen nicht nur beträchtliche direkte wirtschaftliche Schäden (hohe Gewissheit), sondern vermindern auch das Wirtschaftswachstum sowohl kurzfristig (im Jahr des Ereignisses und im Jahr danach) (hohe Gewissheit) als auch langfristig (bis zu 15 Jahre nach dem Ereignis) (mittlere Gewissheit), wobei die Auswirkungen in Entwicklungsländern gravierender sind als in Industrieländern (hohe Gewissheit).“
Es gilt weitgehend als gesichert, dass die Nachteile des Klimawandels am stärksten ärmere Menschen in Entwicklungsländern treffen werden, die auch am wenigsten in der Lage sind, sich sozial oder wirtschaftlich darauf einzustellen. Und mit großer Gewissheit geht der IPCC davon aus, dass die Wirtschaftsschäden durch den Klimawandel nicht-linear ansteigen – also unverhältnismäßig größer werden –, je weiter der Klimawandel voranschreitet. Allerdings liefern Studien sehr unterschiedliche und je nach Methode schwer vergleichbare Ergebnisse, sodass konkrete Schätzungen zur ökonomischen Gesamtbilanz derzeit nicht möglich sind. Studien aus den vergangenen Jahren deuten allerdings darauf hin, dass die wirtschaftlichen Folgen größer sein könnten, als in früheren Studien angenommen (IPCC 2022, AR6, Band 2, Summary for Policymakers B.4.6).
G. P. Wayne/klimafakten.de, August 2010;
zuletzt aktualisiert: Dezember 2022
Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass die meisten Auswirkungen des Klimawandels nur vergleichsweise geringen oder gar keinen Nutzen haben werden – während andererseits große Schäden und beträchtliche Kosten drohen. Im Folgenden werden beispielhaft für einige Lebensbereichen oder Phänomene des Klimawandels positive und negative Folgen gegenübergestellt:
positiv | negativ |
LANDWIRTSCHAFT |
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• in einigen Regionen in höheren Breitengraden verbesserte Bedingungen für die Landwirtschaft (Mendelsohn et al. 2006, Jaggard et al. 2007, Chen et al. 2010, Supit et al. 2010, Gregory/Marshall 2012) | • insbesondere bei stärkeren Temperaturanstiegen und in niedrigen Breiten deutliche Ernteeinbußen infolge des Klimawandels (Rosenzweig et al. 2014; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 5.4.3.2) • bei starker Erwärmung (mehr als 4 °C) negative Folgen auch in höheren Breiten, zum Beispiel Finnland (Rötter et al. 2011) • ab einer bestimmten Schwelle sind Temperaturspitzen schädlich oder gar tödlich für Pflanzen oder auch ihre Pollen, etwa Mais, Soja oder Weizen; zum Beispiel für die USA, Australien oder Indien werden deshalb teils erhebliche Ernteeinbußen erwartet (Lobell et al. 2012, Schlenker/Roberts 2009, Ummenhofer et al. 2015, Xu et al. 2016) • Abnahme der Erträge im Reisanbau infolge höherer Nachttemperaturen (Peng et al. 2004, Wassmann et al. 2009) sowie Verschlechterung der Reisqualität (Okada et al. 2011) • weltweite Zunahme des Bewässerungsbedarfs, bis 2080 je nach Stärke der Erderwärmung zwischen +7 Prozent und +21 Prozent (Wada et al. 2013); Felder in Regionen, wo die Bewässerung früher durch Regen erfolgte, müssen künftig bewässert werden (Nechifor & Winning 2019); das fördert eine Überforderung der Wasservorkommen in vielen Regionen (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 4, Box 4.3) |
• teilweise bessere Ernten durch höheren CO2-Gehalt in der Atmosphäre(McGrath/Lobell 2011, Marin et al. 2013, Kimball 2016) | • niedrigere Qualität von Getreide, Gemüse und Reis (geringerer Gehalt beispielsweise von Eiweiß, Eisen, Zink oder Vitaminen) bei höheren CO2-Werten (Taub et al. 2008, Ainsworth/McGrath 2009, Högy et al. 2009, DaMatta et al. 2010, Erbs et al. 2010, Scheelbeek et al. 2018, Ujiie et al. 2019; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 5.4.3.1) • auch Unkräuter gedeihen bei höheren CO2-Werten besser (Ziska 2010), die Wirksamkeit von Pestiziden geht zurück (Matzrafi 2018) |
• teilweise bessere Maniok- und Baumwoll-Ernten, z.B. in Afrika (El-Sharkawy 2012, Jarvis et al. 2012, Rosenthal/Ort 2012; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 9, Abb. 9.23) | • Ernteeinbußen in Afrika und Südasien um durchschnittlich acht Prozent bis 2050, beispielweise bei Weizen, Mais und Hirse (Knox et al. 2012; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 9, Abb. 9.22 und Kapitel 10, Abb. 10.6) • Rückgang der Baumwollernten, etwa in Israel (Haim et al. 2008) • im Nahen Osten drohen bei zahlreichen wichtigen Nutzpflanzen, beispielsweise Oliven, Pistazien oder Äpfeln Ertragsrückgänge infolge zu hoher Wintertemperaturen (Verner 2012) • Zunahme von Flächenbränden im Westen der USA (Westerling 2006) • stärkere Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten (Bergot et al. 2004, Evans et al. 2008, Paulson et al. 2009, Deutsch et al. 2018) |
• möglicherweise bessere Bedingungen für Weinbau in Portugal (Santos et al. 2011), British Columbia, Kanada (Rayne et al. 2011); Verbesserung der Anbaubedingungen in Richtung der Pole (Jones et al. 2005) | • Verschlechterung der Anbaubedingungen in den meisten der heutigen Weinbauregionen, etwa in Australien, Europa oder den USA (Jones et al. 2005, Hall/Jones 2009, White et al. 2009, Cozzolino et al. 2010, Santos et al. 2020) |
• bessere Bedingungen für den Kaffeeanbau in einigen Gegenden, etwa im Hochland von Guatemala (Läderach et al. 2010) | • deutlich schlechtere Bedingungen für den Kaffeeanbau in Costa Rica, El Salvador, Mexico und Nicaragua (Gay et al. 2006, Glenn et al. 2013); insgesamt wird sich in Mittelamerika die Fläche, die sich für den Kaffeeanbau eignet, bis 2050 deutlich verkleinern (Läderach et al. 2010, Ovalle-Rivera et al. 2015) • stärkere Verbreitung von Schädlingen der Kaffeepflanzen, zum Beispiel in Brasilien (Ghini et al. 2008) • Verschlechterung der Anbaubedingungen für Tee in Sri Lanka (Wijeratne et al. 2007) |
| • für die Viehzucht sind höhere Temperaturen grundsätzlich ein Problem, etwa für die Schweine- und Rinderhaltung (Renaudeau et al. 2011; IPCC-Sonderbericht zum Klimawandel an Land 2019, Kapitel 5.2.2.2) • Futterunsicherheit in der nordamerikanischen Viehbranche trotz verlängerter Vegetationsperiode der Futterpflanzen, weil eine sinkende Qualität erwartet wird (Craine et al. 2010) • Kühe geben bei Hitzestress weniger Milch (André et al. 2011), daher werden beispielsweise für Großbritannien und die USA bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts deutliche Verluste in der Milchbranche prognostiziert (Wall et al. 2010, Gunn et al. 2019) • Ausbreitung von Krankheiten wie des Rifttalfiebers oder der Blauzungenkrankheit in Europa (Lancelot et al. 2008, Rocque et al. 2008, Guis et al. 2012) • schwerwiegende Folgen auch für die Fischerei, Verschiebung von Fischvorkommen, wichtige Arten wie den pazifischen Lachs können bei einer Erwärmung schnell an die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit stoßen (Muñoz et al. 2014) |
GESUNDHEIT • in manchen Ländern etwas weniger Wintertote, wenn die Temperaturen steigen (Kinney et al. 2012, Ebi/Mills 2013), zum Beispiel in Großbritannien (Hajat et al. 2014, Arbuthnott et al. 2020), allerdings fehlt es hierzu noch an breiterem Wissen, und Effekte durch den Klimawandel lassen sich in Studien nur schwer von anderen Effekten unterscheiden, etwa besseren Schutzmaßnahmen für Wohnungslose (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 7.2.4.1) |
• deutlich mehr Hitzetote, wenn die Temperaturen steigen; diese Zunahme dürfte den Rückgang von Wintertoten mehr als ausgleichen (Ebi/Mills 2013, Hajat et al. 2014, Honda et al. 2013, Huang et al. 2012, Kinney et al. 2012, Kinney et al. 2015, Medina-Ramón/Schwartz 2007, Arbuthnott et al. 2020) • die Belastung beispielsweise der US-Bevölkerung durch Hitzeextreme könnte auf das Vier- bis Sechsfache steigen (Jones et al. 2015) • bei ungebremsten Treibhausgasemissionen könnte die Erwärmung in etlichen Regionen Ausmaße erreichen, die die Anpassungsfähigkeit des Menschen übersteigen (Sherwood/Huber 2010), was insbesondere Menschen betreffen wird, die im Freien arbeiten (Dillender 2018) • bereits heute ist in Deutschland eine deutlich erhöhte Zahl von Todesfällen in besonders heißen Wochen zu beobachten (RKI 2022); allein in Europa könnte die Zahl der Todesopfer durch Wetterextreme wie Hitzewellen, Überschwemmungen, Waldbrände oder Stürme bis Ende des Jahrhunderts um den Faktor 50 zunehmen auf dann rund 150.000 pro Jahr (Forzieri et al. 2017, EEA 2022) |
• weil es in Teilen Afrikas zu warm für bestimmte Schnecken wird, die als Zwischenwirte für Bilharziose dienen, könnte diese Krankheit dort seltener werden (Stensgaard et al. 2013, Kalinda et al. 2017) | • insgesamt dürfte die Landfläche, auf der die Bedingungen für eine Ausbreitung besagter Schneckenarten günstig sind, im Zuge des Klimawandels zunehmen – was das Risiko für eine Ausbreitung der Bilharziose erhöht (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 7.3.1.3) • deutliche Zunahme von Durchfallerkrankungen in den Tropen und Subtropen (Kolstad/Johansson 2011) • Ausbreitung von durch Moskitos übertragenen Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber, unter anderem in Europa (Epstein et al. 1998, van Kleef et al. 2010), Bouzid et al. 2014, Messina et al. 2019, EEA 2022) |
UMWELT |
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• stärkeres Waldwachstum, allerdings sollte der Düngeeffekt durch zusätzliches CO2 in der Atmosphäre nicht überschätzt werden, Verschiebung der Waldflächen in Richtung der Pole (Kirilenko/Sedjo 2007, McMahon et al. 2010, Wang et al. 2020) • stärkere Vegetation in hohen nördlichen Breitengraden, etwa der arktischen Tundra (Klady et al. 2010, Zhou et al. 2001) • besseres Pflanzenwachstum, vor allem im Amazonas, infolge vermehrter Sonneneinstrahlung und höherer CO2-Werte in der Atmosphäre (Nemani 2003, Saleska et al. 2009), allerdings wird diese Wirkung durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen wie Phosphor begrenzt (Fleischer et al. 2019) | • geringeres Waldwachstum infolge von Wasserknappheit, unter anderem in ohnehin trockenen und warmen Gegenden, etwa im Westen oder Südwesten der USA (van Mantgem et al. 2009, Sitch et al. 2008, Williams et al. 2009, Anderegg et al. 2019) • verstärktes Kiefern- und Fichtensterben und höhere Anfälligkeit für Waldbrände durch Massenvermehrungen des Borkenkäfers auch in Deutschland (Kurz et al. 2008, Axelson et al. 2018, KWRA 2021, Band 2, Kapitel 5) • Verlängerung der Waldbrandsaison in weiten Teilen der Welt (Jolly et al. 2015, Bowman et al. 2017), zum Beispiel in Australien (Clarke et al. 2012), dort auch Zunahme von besonders extremen Waldbränden (Di Virgilio et al. 2019) • schwerwiegenderes und großflächigeres Absterben von Vegetation durch wärmere Dürren (Breshears eet al. 2009) • Regenwälder setzen Kohlendioxid frei, wenn die Regionen trockener werden (Malhi et al. 2009, Saleska et al. 2009) • die CO2-Aufnahmefähigkeit der Wälder wird bis Ende des Jahrhunderts den meisten Modellen zufolge durch höhere Temperaturen, Trockenheit und Brände sinken, in tropischen Regenwäldern wie dem Amazonas ist die geringere Aufnahmefähigkeit bereits zu beobachten (Bowman et al. 2009, Sitch et al. 2008, Brienen et al. 2015, Anderegg et al. 2020, Rammig/Lapola 2021) • obwohl ingesamt die Niederschläge zunehmen, wird für die Regionen nördlich und südlich des Äquators eine Ausbreitung der Wüsten erwartet (Lu et al. 2009, Mitas/Clement 2005, Seidel et al. 2008, Zhou et al. 2011; IPCC 2019, SRCCL, Kapitel 3) • die Zunahme von Wärme und Trockenheit wird in Wüsten noch schneller vor sich gehen als in anderen Regionen, was die Anpassungsfähigkeit dort noch lebender Arten übersteigen dürfte (Lapola et al. 2009, Stahlschmidt et al. 2011; IPCC 2019, SRCCL, Kapitel 3) |
• mehr Plankton-Biomasse im subtropischen Wirbel des Nordpazifik (Corno et al. 2006) | • weltweit Abnahme der Zoo- und Phytoplankton-Masse (Boyce et al. 2010, Kwiatkowski et al. 2018; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 3.4.3.4.2) • sauerstoffarme Bereiche in den Weltmeeren nehmen zu (Stramma et al. 2008, Shaffer et al. 2009; IPCC 2022, AR6, Band 1, Kapitel 5.3) • Absterben von Korallenriffen durch zu hohe Wassertemperaturen (Frieler et al. 2013, Hoegh-Guldberg et al. 2007, Manzello 2010; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 3.4.2.1) • Muschelsterben an der kalifornischen Küste (Harley et al. 2008, Smith et al. 2006) |
• Zunahme der Körpergröße bei Murmeltieren (Ozgul et al. 2010) | • Rückgang von Eidechsen-Populationen (Sinervo et al. 2010) • Aussterben der Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte (Waller et al. 2017) • Bedrohung von Wasserlebewesen in Neuseeland, beispielsweise Wirbellosen in Flüssen oder Fischen, insbesondere der Familie der Lachsfische (Ryan 2007) • insgesamt große Gefahren für die Artenvielfalt (IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 2, Executive Summary), bei ungebremsten Treibhausgasemissionen wird bis 2080 für über die Hälfte der Tier- und über ein Drittel der Pflanzenarten der jeweilige Lebensraum um mehr als die Hälfte schrumpfen (Warren et al. 2013) |
VERSAUERUNG DER OZEANE |
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• die Aufnahme von Kohlendioxid durch die Ozeane (als Folge der erhöhten Konzentration in der Atmosphäre) bremst die Erderwärmung (Orr et al. 2005) • stärkeres Wachstum u.a. von Seegras, Makroalgen, Mangroven, Korallen oder Weichtiere durch CO2-Düngeeffekt (Hemminga/Duarte 2000, McKee et al. 2012, Rodolfo-Metalpa et al. 2011, Wu et al. 2008, Zimmermann 2021) | • der sinkende pH-Werts des Ozeanwassers hat schwerwiegende negative Auswirkungen auf marine Ökosysteme (Barry et al. 2011, Fabry et al. 2008, Kroeker et al. 2010, Kroeker et al. 2013, Orr et al. 2005) • höhere Sterblichkeit von Seegras durch den gleichzeitigen Anstieg der Wassertemperaturen und von kalkbildenden Organismen durch die Ozeanversauerung (Alexandre et al. 2012, Jordá et al. 2012, Zimmermann 2021) • Beeinträchtigung des Planktonwachstums durch die Ozeanversauerung, Unterbrechung des Kohlenstoffkreislaufs (Turley et al. 2005, Dutkiewicz et al. 2015) • Zunahme der Sterblichkeitsrate bei Seeigeln (Miles et al. 2007) • Bedrohung von Fisch-Populationen (Munday et al. 2010, Nagelkerken et al. 2016) • Versauerung stört das Wachstum der kalkhaltigen Korallen und fördert so das Absterben von Korallenriffen (Carpenter et al. 2008, Dove et al. 2013, Frieler et al. 2013, Hoegh-Guldberg et al. 2007, Logan et al. 2014, Tribollet et al. 2009, Veron et al. 2009, IPCC, AR6, Band 2, Kapitel 3.4.2.1) |
TAUEN DER ARKTIS • verbesserter Zugang zu Bodenschätzen und bessere Schiffbarkeit des Polarmeers; beispielsweise sorgt eine eisfreie Nordwest-Passage für eine Abkürzung der Schifffahrtsroute zwischen Pazifik und Atlantik (Khon et al. 2009, Peters et al. 2011, Stephenson et al. 2011, Stroeve et al. 2008, Ng et al. 2018) |
• Ausbeutung von Bodenschätzen und stärkerer Schiffsverkehr haben erhebliche Schadstoffemissionen zur Folge und erfordern Küsteninfrastrukturen, durch deren Aufbau wiederum Ökosysteme geschädigt werden – die Hauptsaison für menschliche Aktivitäten fällt zusammen mit den Hauptreproduktionszeiten von Fischen und Säugetieren (Meschtyb et al. 2005, Østreng 2006, Peters et al. 2011) • zunehmender Schiffsverkehr in der Arktis führt bei gängigen Antrieben für eine Verschlechterung der Luftqualität (Aliabadi et al. 2015), die sich auch negativ auf die Gesundheit der lokalen Bevölkerung auswirkt (Messner 2020) • zugleich dürften die wirtschaftlichen Vorteile der kürzeren Handelswege eher gering ausfallen (Bensassi et al. 2016) • Eisstraßen auf zugefrorenen Seen, die ökonomisch wichtig sind, vor allem für die Bergbauindustrie, werden nur noch eingeschränkt nutzbar sein (Mullan et al. 2016) |
• Produktivitätssteigerungen in der Land- und Forstwirtschaft nordischer Länder, beispielsweise Island (Björnsson et al. 2011) | • Bedrohung der bisherigen Lebensweise und Einkommensmöglichkeiten vieler Bewohner der Arktis (Arctic Council 2013, Eira et al. 2012, Ford 2009, Ford et al. 2007, Hovelsrud et al. 2011, Larsen et al. 2010) • drastischer Rückgang des weltweiten Eisbärenbestands (Amstrup et al. 2007, Amstrup et al. 2009, Fischbach et al. 2007, Schliebe et al. 2008, USGS 2015, USGS 2016) • Bedrohung der Lebensgrundlagen arktischer Seevögel (Gaston et al. 2009, Grémillet et al. 2015, Descamps & Ramírez 2021) • Verlust produktiver Ökosysteme, etwa in der Tundra (Björk/Molau 2007) • Austrocknung arktischer Teiche mit darauffolgender Schädigung von Ökosystemen (Smol 2007) • brüchigeres Arktis-Eis, gefährlichere Eisschollen und mobilere Eisberge, was eine zunehmende Gefahr für die Schifffahrt bedeutet (Stewart et al. 2007, Wilson et al. 2004) Infolge der Erderwärmung wird in arktischen Regionen Methan freigesetzt, was die Erderwärmung dann weiter verstärkt; Folgendes wurde bereits beobachtet: • Auftauen arktischer Seen, wodurch Methanblasen aufsteigen (Walter 2007, Tan & Zhuang 2015) • Entweichen von Methan aus den Sedimenten des Ostsibirischen Schelfmeeres (Shakhova 2008) • Freiwerden von Methan auf dem Meeresgrund entlang des Kontinentalrandes vor Westspitzbergen (Westbrook 2009) Insgesamt wird die Arktis infolge des Klimawandels zu einer Quelle von Treibhausgasen (in der Vergangenheit hatte sie durch verschiedene biogeochemische Prozesse Treibhausgase aus der Atmosphäregebunden), die Erwärmung der Arktis und das Tauen des Permafrosts stellen also eine verstärkende Rückkopplung dar, d.h. sie beschleunigen ihrerseits die weitere Erderwärmung (Maslin et al. 2009, O'Connor et al. 2010, Schaefer et al. 2011, Schuur et al. 2008, Schuur et al. 2009, Kreplin et al. 2021) |
GLETSCHERSCHMELZE |
• betrifft rund 800 Millionen Menschen allein in Asien (Pritchard 2019), schwerwiegende Auswirkungen auf mindestens 60 Millionen Menschen, deren Wasserversorgung von Gletscherwasser abhängt (Immerzeel et al. 2010) wegen schwindender Alpengletscher wird im Rhein bis Ende des Jahrhunderts das Niedrigwasser-Risiko stark zunehmen, vor allem in Dürrejahren, dies hat erhebliche Folgen zum Beispiel für die Nutzung als Binnenwasserstraße oder für die Kühlung von Kraftwerken und Industrieanlagen (Stahl et al. 2022) • Verlust von Artenvielfalt in den Flüssen, die aus Gletschern gespeist werden (Finn et al. 2013, Jacobsen et al. 2012, Muhlfeld et al. 2011) • Böden trocknen aus, Bergwälder sterben oder brennen häufiger ab, beispielsweise im Westen der USA (Brusca et al. 2013, Pederson et al. 2009, van Mantgem et al. 2009, Westerling et al. 2006, Williams et al. 2012) • Beitrag zum Ansteigen der Meeresspiegel (Pfeffer et al. 2008, Vermeer/Rahmstorf 2009, Zemp et al. 2019) |
MEERESSPIEGELANSTIEG
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• Küstenüberschwemmung und -erosion, Versalzung von Böden und Grundwasser (McGranahan 2007, McLeod et al. 2011, Nicholls/Cazenave 2010, Tebaldi et al. 2010, Croitoru et al. 2019) • Überschwemmung von Ackerflächen, beispielsweise in Bangladesh (Rahman et al. 2013) oder auf den Fidschi-Inseln (Lata/Nunn 2011) • schwerere Zerstörungen bei Sturmfluten in Siedlungen und an Infrastruktureinrichtungen wie Bahnstrecken, Straßen, Häfen, Kraftwerken oder Versorgungsleitungen (Aerts et al. 2013, Esteban et al. 2010, Hanson et al. 2011, Hunt/Watkiss 2011, Wilby et al. 2011; IPCC 2021, AR6, Band 1, Kapitel 11); bis 2050 wird die Zahl der Menschen, die von Jahrhundertfluten bedroht sind, auf 350 Millionen weltweit steigen, am stärksten betroffen sind Asien und das Sub-Sahara-Afrika (Jongman et al. 2012) • möglicherweise Ausbreitung von Krankheiten, beispielsweise solcher, die durch Insekten übertragen werden (Ramasamy/Surendram 2011, Vineis et al. 2011) • Bedrohung zahlreicher Tourismus-Ziele, ein Anstieg der Meeresspiegel um einen Meter würde beispielsweise in der Karibik 21 Flughäfen sowie 29 bis 60 Prozent der Resorts beschädigen oder zerstören (Scott et al. 2012, Simpson et al. 2010, Arabadzhyan et al. 2020) |
WIRTSCHAFT • eine Erwärmung um etwa 2 °C brächte für einige Länder und Regionen wirtschaftliche Vorteile, etwa für Russland, China oder Nordeuropa (Bosello et al. 2012) |
• weltweit betrachtet führt bereits eine relativ moderate Erwärmung um etwa 2 °C zu wirtschaftlichen Verlusten, negativ betroffen sind beispielsweise Süd- und Osteuropa, vor allem aber wenig entwickelte Regionen wie Süd- und Südostasien oder Afrika (Bosello et al. 2012) • für die EU wird ein Anstieg der durchschnittlichen jährlichen Schäden allein durch Überschwemmungen von 6,4 Mrd. Euro auf 14-21,5 Mrd. Euro bis Ende des Jahrhunderts erwartet, bei ungebremsten Treibhausgasemissionen könnten die Schäden durch Fluten in Großbritannien bis 2080 fast das 15-Fache betragen (ABI 2005, Feyen et al. 2012) • zunehmendes Risiko bewaffneter Konflikte (Zhang 2007, Sakaguchi et al. 2017), beispielsweise größere Wahrscheinlichkeit von Bürgerkriegen in Afrika (Burke 2009) mehr zur wirtschaftlichen Gesamtbilanz des Klimawandels finden Sie hier |
Auswirkungen in einzelnen Sektoren, etwa der Energiewirtschaft: |
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• erheblich größere Fördermöglichkeiten für die Erdgas- und Erdölindustrie, nördlich des Polarkreises werden 30 Prozent der bisher unentdeckten weltweiten Vorkommen an Gas und 13 Prozent der Erdölvorkommen vermutet (Gautier et al. 2009, Harsem et al. 2011)
| • erheblich größere Risiken für Förder-, Transport- und Verarbeitungsanlagen der Öl- und Gasbranche durch Extremwetter (z.B. Wirbelstürme) und andere Klimaveränderungen (Cruz/Krausmann 2013), vermehrte Schäden etwa an Pipelines durch tauenden Untergrund, stärkere Niederschläge, höhere Temperaturen, Erdrutsche etc. (Sweeney et al. 2005, URS 2010), eingeschränkte Nutzbarkeit wichtiger Straßen über zugefrorene Seen, z.B. in Nordkanada (Mullan et al. 2016) • eine höhere Umgebungstemperatur verringert den Wirkungsgrad konventioneller thermischer Kraftwerke, z.B. Kohle oder Erdgas (Schaeffer et al. 2012, Yalew et al., 2020) • vielerorts werden Flüsse, aus denen thermische Kraftwerke Kühlwasser entnehmen, mindestens zeitweise weniger oder wärmeres Wasser führen, es drohen Kraftwerksdrosselungen oder -abschaltungen, (Ott/Richter 2008, IEA 2012, Sieber 2013), in Europa könnte dadurch die Kapazität dieser Kraftwerke im Sommer um bis zu 19 Prozent sinken (van Vliet et al. 2012, Behrens et al. 2017) • eine Untersuchung von weltweit fast 26.000 Wasserkraft- und thermischen Kraftwerken ergab, dass zur Mitte des Jahrhunderts bei 61-86 Prozent der Anlagen mit Kapazitätseinschränkungen zu rechnen ist (van Vliet et al. 2016) |
• Rückgang des Heizenergieverbrauchs, besonders in kühleren Gegenden, beispielsweise Nordeuropa oder der Norden der USA (Mideksa/Kallbekken 2010) | • Zunahme des Energieverbrauchs für Kühl- und Klimaanlagen vor allem im Sommer; unterm Strich dürfte der Kühlbedarf stärker zunehmen als der Heizbedarf sinkt, allein in den USA wird bei einer Erwärmung um 5 °C bis 2100 ein Anstieg der Ausgaben für Energie um 57 Mrd. $ pro Jahr erwartet (Hayhoe et al. 2010, Mansur et al. 2007, Mideksa/Kallbekken 2010, Radhi 2009) • Stromnetze müssen ausgebaut werden, höheres Risiko von Stromausfällen bei sommerlichen Hitzewellen (Mirasgedis et al. 2007) |
Transportsektor: • Rückgang des Arktis-Meereises öffnet neue Schifffahrtswege, Kostensenkungen beispielsweise bei den Verbindungen von Westeuropa nach Fernost um bis zu 15 Prozent (Khon et al. 2009, Lemmen/Warren 2004, NRC 2008, Stephenson et al. 2011, Gunnarsson / Moe 2021) |
• niedrigere und unstetere Wasserstände, etwa auf dem Rhein, behindern die Binnen-Schifffahrt und führen zu erheblichen ökonomischen Verlusten (Koetse/Rietveld 2009, Middelkoop et al. 2001, Hänsel et al. 2022) • Straßenbeläge weichen bei hohen Temperaturen auf, unbefestigte Straßen sind sehr verwundbar durch Starkregen, in polaren Regionen destabilisiert das Tauen des Permafrosts Straßenuntergründe (Chinowsky/Arndt 2012, Furgal/Prowse 2008, Lavin 2003, Mills/Andrey 2003, NRC 2008) • Kosten von vielen Milliarden Dollar durch Schäden an der öffentlichen Infrastruktur allein in Alaska (Larsen et al. 2007, Larsen et al. 2008) • Schäden an Eisenbahnlinien durch stärkere Niederschläge, Sturm, Überschwemmungen, Anstieg der Meeresspiegel, bei Extremtemperaturen Gleisverwerfungen (Dobney et al. 2008, Koetse/Rietveld 2009, Palin et al. 2013); für Deutschland zum Beispiel Lohrengel et al. 2020 und weitere Publikationen des BMVI-Expertennetzwerks • höhere Temperaturen und Überschwemmungen beeinträchtigen auch U-Bahnen in Städten bzw. erhöhen Energieverbrauch und Kosten fürs Kühlen (Hunt/Watkiss 2011) • mehr Verspätungen und Ausfälle im Flugverkehr durch Extremwetterereignisse; weil wärmere Luft dünner ist, kann in Sommermonaten insbesondere an hochgelegenen Airports eine Reduzierung des Transportgewichts der Flugzeuge nötig werden, wenn nicht die Rollbahnen verlängert werden (Gusmao 2010, NRC 2008, NRC 2022) |
Tourismusindustrie: • mehr Gäste in kühleren Regionen, etwa in höheren Breiten oder größerer Höhe, beispielsweise dürften Touristenziele in Nordeuropa und Norddeutschland profitieren (Hamilton/Tol 2007) |
• Verluste in warmen Ländern, Rückgang der Touristenzahlen in tropischen Küstenregionen, am stärksten beispielsweise in kleinen Inselstaaten (Hamilton/Tol 2007, Moreno/Amelung 2009, Perch-Nielsen 2010) • Risiken und wirtschaftliche Verluste für den Küstentourismus und seine Infrastrukturen durch Extremwetter wie Wirbelstürme, Anstieg der Meeresspiegel, Erosion von Stränden usw. (Phillips/Jones 2006, Scott et al. 2008, Garola et al. 2021; IPCC 2022, AR6, Band 2, Kapitel 3.6.3.1.3) • Anstieg der Schneefallgrenzen, weniger schneesichere Wintersportorte als bisher (Dawson et al. 2009, Hendrikx et al. 2012, Hendrikx et al. 2013, Steger et al. 2012) |
• steigendes Risiko für Waldbrände in Tourismusgebieten, insbesondere in der Mittelmeerregion (Varotsos et al. 2021) |
G. P. Wayne/klimafakten.de, August 2010;
zuletzt aktualisiert: Dezemer 2022