Programme zur Klimawahl
In den aktuellen Wahlumfragen ist der Klimawandel für viele Bundesbürger ein wichtiges Thema. Zur Bundestagswahl am 26. September legen die Parteien ausführlich dar, wie sie das Klima schützen wollen – hier ein Überblick über einige zentrale Punkte.
Seit Beginn der Pandemie ist Corona das dominierende Thema in der Politik, doch inzwischen kehrt der Klimaschutz zurück auf die Agenda. Im ZDF-Politbarometer bezeichneten Ende Juli 44 Prozent der Befragten den Themenkomplex „Umwelt/Klima/Energiewende“ als wichtig, 45 Prozent die Viruserkrankung. „Mehrheit sieht Handlungsbedarf beim Klimaschutz“ titelte eine Woche zuvor der ARD-DeutschlandTrend.
Ein Blick in die Wahlprogramme der bereits im Bundestag vertretenen Parteien zeigt bis auf eine Ausnahme grundsätzlich viele Gemeinsamkeiten in den Klimakapiteln. In einigen Punkten gibt es aber auch Unterschiede. Die Redaktion der Helmholtz-Klima-Initiative hat die Positionen der Parteien zu einigen klimarelevanten Themen verglichen. Die Zusammenfassung verdeutlicht, mit welchen unterschiedlichen Schwerpunkten und Philosophien die Parteien den Klimaschutz voranbringen wollen.
Klimaziele
Deutschland soll bis 2045 und nicht erst 2050 klimaneutral werden. Darauf hatte sich die bisherige Koalition aus CDU/CSU und SPD mit der Neufassung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Auch in ihren Wahlprogrammen halten Union und Sozialdemokraten an den kurz zuvor beschlossenen Klimazielen fest.
Grüne und Linke schreiben beide, dass Deutschland sein Treibhausgasbudget bis spätestens 2035 aufbrauchen werde. Bis dahin strebt Die Linke Klimaneutralität an. Die Grünen wollen das Klimaschutzgesetz zwar „budgetgerecht nachschärfen“. Im Programm der Partei heißt es aber auch, dass Deutschland „in 20 Jahren klimaneutral werden könne“ – was dem Zieljahr 2041 entspricht.
Die FDP verweist in ihrem Programm auf frühere internationale Zusagen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens (Nationally Determinded Contributions). Deutschland und die EU hatten sich dabei noch auf 2050 als Zieljahr für Netto-Null festgelegt. An diesem Ziel will die FDP festhalten, es solle jedoch regelmäßig „auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse“ überprüft werden. Ebenso wie die Union wollen die Liberalen Treibhausgasminderungen in Ländern außerhalb der EU auf die eigenen Klimaziele anrechnen lassen.
Die AfD lehnt Maßnahmen zur CO2-Vermeidung generell ab und will aus dem Pariser Klimaabkommen austreten.
Erneuerbare Energien
Wie schnell die Klimawende gelingt, hängt vor allem vom Ausbau erneuerbarer Energien ab. Grüne und Linke setzen in ihren Wahlprogrammen jährliche Ausbauziele. Bis 2025 wollen Grüne und Linke zum Beispiel pro Jahr mindestens zehn oder sogar bis zu zwölf Gigawatt Photovoltaik pro Jahr neu bauen – 2020 waren es nur vier Gigawatt.
Die SPD will die Stromversorgung bis 2040 komplett auf erneuerbare Energien umstellen und verbindliche Ausbauziele für „erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Geothermie“ in einem „Zukunftspakt“ zwischen Bund, Ländern und Kommunen festlegen. Als weiteres Herzstück ihrer Klimapolitik bezeichnet sie die Beteiligung der Bürger*innen vor Ort, zum Beispiel durch Energiegenossenschaften, die Windparks oder andere Anlagen betreiben.
CDU/CSU nennen in ihrem Programm keine festen Jahresziele für regenerative Energien, aber auch sie erklären, Erneuerbare „deutlich schneller“ ausbauen zu wollen. Die Union kündigt zum Beispiel ein „Sonnenpaket“ an, um Photovoltaik zu fördern – dazu soll etwa eine Onlineplattform für einfachere Genehmigungen gehören.
Die FDP lehnt dagegen die Förderung einzelner Technologien ab und will Zahlungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für neue Anlagen abschaffen. Stattdessen möchten die Liberalen die Eigenversorgung mit Grünstrom vereinfachen und sie vertrauen darauf, dass ein steigender CO2-Preis fossile Energien gegenüber erneuerbaren unattraktiver machen werde.
Die AfD lehnt eine „komplette Umstellung“ auf volatile – also mit dem Wetter schwankende – erneuerbare Energien wie Wind und Solar ab. Gleichzeitig nennt sie eine Reihe von Bedingungen für einzelne Technologien. Der Mindestabstand von Windrädern zu Wohnbebauung etwa müsse das Zehnfache der Gesamthöhe, mindestens jedoch 2500 Meter betragen.
Mobilität
Beim Klimaschutz im Verkehr hat Deutschland noch besonders großen Nachholbedarf. Fast alle Parteien bekennen sich deshalb zum Ausbau der Bahn, des öffentlichen Nah- und des Radverkehrs sowie der Ladesäulen für Elektroautos. Nur die AfD wendet sich in ihrem Wahlprogramm gegen eine „einseitige Förderung der Elektromobilität“ ebenso wie gegen die „Förderung einer Wasserstoffwirtschaft“.
Bei der Mehrheit der Parteien zeigen sich Unterschiede dagegen am ehesten bei der Frage, wie lange sie noch eine Rolle für Benzin und Diesel sehen. Die Linke will bis 2030 ein Zulassungs- und Exportverbot für Pkw mit Verbrenner, die Grünen ab 2030 nur noch Neuzulassungen für emissionsfreie Autos.
Negative Emissionen
Wälder, Böden und geologische Speicher unter der Erdoberfläche können Kohlenstoff wieder aufnehmen, der zuvor als CO2 in die Atmosphäre gelangt ist. Solche negativen Emissionen sollen den Ausstoß von Treibhausgasen ausgleichen, die sich auch langfristig wohl nur schwer vermeiden lassen – vor allem aus der Landwirtschaft und aus einigen Industrieprozessen. Damit wird die CO2-Speicherung zum wichtigen Baustein für Klimaneutralität. Nach 2050 strebt die Europäische Union sogar insgesamt negative Emissionen an und will damit noch über das Ziel der EU-weiten Klimaneutralität hinausgehen.
Fast alle Parteien erklären in ihren Programmen, natürliche Kohlenstoffspeicher wie Wälder, Böden und Moore schützen zu wollen und betonen die Bedeutung des Holzbaus in diesem Zusammenhang. Zu geologischen CO2-Speichern als Teil der Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) äußern sich Grüne und SPD in ihren Wahlprogrammen nicht. Die Linke schreibt, dass sie CCS verbieten wolle.
CDU/CSU wollen dagegen Möglichkeiten zur Abscheidung und Speicherung von CO2 mit europäischen Partnern fördern. Dafür sei auch der Aufbau einer CCS-Infrastruktur nötig. Solch eine Infrastruktur wird zum Beispiel für den Transport des Kohlendioxids benötigt.
Die FDP will ein eigenes Gesetz für CCS und CDR, womit die Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre gemeint ist (Carbon Dioxide Removal). Dafür sollen nach dem Vorschlag der Liberalen künftig zusätzliche CO2-Zertifikate ausgestellt werden, also eine Art Gutschrift im europäischen CO2-Handel. In diesem Zusammenhang will die FDP das europäische Minderungsziel für Treibhausgase von 55 Prozent um ein zusätzliches Ziel von 5 Prozent für negative Emissionen ergänzen. Durch frühzeitige Erkundung und Erschließung potenzieller CO2-Speicherstätten sollen dem Wahlprogramm zufolge Voraussetzungen geschaffen werden, Klimaneutralität in der EU auch vor 2050 zu ermöglichen.