14.12.2021
Anja Krieger

Übers Klima sprechen – das Handbuch

In Politik und Gesellschaft passiert noch immer zu wenig, um die Klimaziele zu erreichen. Dabei haben wir genug Fakten, um zu handeln. Was läuft schief in der Debatte? Das Klimafakten-Handbuch gibt Antworten und zeigt, wie man sein Klimawissen wirksam in die Welt bringt.

„Ich wollte so ein Buch schon ganz lange schreiben. Das geht auf meine Zeit als Redakteur zurück,“ sagt Christopher Schrader. Der Physiker und Wissenschaftsjournalist hat bei der Süddeutschen Zeitung lange über Klimaforschung berichtet, über Stürme, Eis und Temperaturen. Doch die Redaktion bekam „dauernd böse Leserbriefe von Leuten, die sagten, recherchieren Sie doch mal endlich‚ das stimmt doch alles überhaupt nicht!‘“ Allerdings waren die Behauptungen, auf die die Leser:innen verwiesen, bereits vielfach widerlegt. Christopher Schrader antwortete sachlich, doch ohne Erfolg – „es gab überhaupt keine Einsicht“. 

Porträt des Journalisten Christopher Schrader in schwarzem Jackett und weißem Hemd
Porträt des Journalisten Christopher Schrader in schwarzem Jackett und weißem Hemd
Wissenschaftsjournalist Christopher Schrader.
©
privat

Diese Erfahrungen mit hartnäckigen Leugner:innen des Klimawandels waren für Schrader der Anstoß, sich mit der sozialen und psychologischen Seite des Klimawandels zu beschäftigen. Denn offenbar reichten naturwissenschaftliche Fakten allein nicht aus, um Skeptiker:innen zu überzeugen. Schrader gründete deshalb das Online-Magazin KlimaWandeln – Nachhaltige Wege aus der Klimakrise mit den RiffReportern. 

Auch das Team der Plattform klimafakten.de trieb die Frage um, wie Kommunikation besser zum Klimaschutz beitragen kann. Gemeinsam mit Christopher Schrader haben sie ein neues Handbuch verfasst. Es heißt „Übers Klima sprechen“, ist online frei verfügbar und als gedrucktes Buch und Podcast erhältlich.

Nicht nur Klima-Leugner:innen ignorieren in ihrem Tun immer wieder die Faktenlage. „Wir sind alle nicht die rationalen Wesen, für die wir uns so gerne halten,“ sagt Schrader. Wie Menschen die Dinge wahrnehmen, sei emotional gefärbt. Wir hörten vor allem auf die Argumente, die in unser Weltbild passen – sonst seien sie für uns nicht viel wert. Wie also durchbricht man die Grenzen zwischen den Ideologien und das Schweigen zum Tabuthema Klimawandel? Wie erreicht man die Köpfe und Herzen der Menschen? Wie geht man mit der Angst vor Veränderung oder Verschlechterung von Lebensumständen beim Gegenüber um? Das sind einige der Fragen, die das Handbuch „Übers Klima sprechen“ angeht – wissenschaftlich unterfüttert mit Erkenntnissen aus der Psychologie, der Kommunikations- und Sozialwissenschaft.

Die Empfehlung: Eine bejahende statt ermahnende Haltung einnehmen, kreativ die Möglichkeiten von Bildern, Spielen, Kunst oder Literatur nutzen – und lösungsorientiert, mit konstruktivem Blick auf die Wege aus der Klimakrise schauen. Auch wer die Werte des Gegenübers einbezieht, kommuniziert besser.

Das zeigt die US-amerikanische Atmosphärenforscherin Katharine Hayhoe. Mit ihrem Mann – einem Pastor – richtet sich Hayhoe speziell an die evangelikal-christliche Gemeinschaft in den USA, die die Erkenntnisse der Klimaforschung oft bestreitet. Es sei wichtig „sich mit Menschen zu beschäftigen, die in ihrer eigenen Community gut agieren, die dort anerkannt sind, und die vor allen Dingen dieselbe Sprache sprechen“, sagt Eva Freundorfer von klimafakten.de. Hayhoe ist für sie ein großes Vorbild.

Sich an Leugner:innen abzuarbeiten hilft dagegen weniger, so die Handbuch-Macher:innen. Trotzdem: Die klassischen Desinformations-Strategien sollte man erkennen. Fakten von Fakes zu unterscheiden ist allerdings nur der erste Schritt – denn auch die, die das Wissen haben, tun oft noch zu wenig, um den Klimawandel aufzuhalten. Er sei einfach ein „sehr vielschichtiges, ganz vertracktes Problem, und da braucht man die besten Methoden, um darüber gut und wirkungsvoll zu kommunizieren“, sagt Carel Mohn, der das Handbuch als Chefredakteur der Plattform klimafakten.de verantwortet hat.

Handbuch Klimakommunikation

Die kompakte und frei verfügbare Online-Version des Handbuchs enthält Texte, Illustrationen, kurze Videos und Quizze, um das Gelernte Revue passieren zu lassen. Wer mehr Details sucht, findet zu jedem der über 20 Kapitel ein ausführliches PDF, ebenfalls kostenfrei im Netz—die Langfassung bietet weitere Hintergründe und ausführliche Literaturhinweise. Das komplette Handbuch ist beim Oekom-Verlag gedruckt und gebunden erhältlich, außerdem gibt es einen Podcast.

Zum Handbuch: Übers Klima sprechen>

Vier Mitarbeiter:innen des klimafakten.de-Teams
Vier Mitarbeiter:innen des klimafakten.de-Teams
Das klimafakten.de-Team.
©
Detlev Eden

Nicht nur im Austausch mit anderen, auch bei sich selbst ist oft noch Luft nach oben. So zeigt das Buch die „Drachen“ des menschlichen Nicht-Handelns auf, eine Art imaginärer Zoo psychologischer Wesen. Der Umweltforscher Robert Gifford hat sie erfunden, um zu beschreiben, wie Menschen sich gern rechtfertigen, dass sie nun doch nicht auf eine Reise verzichten, ein Produkt nicht kaufen oder andere klimafreundliche Schritte nicht unternehmen. Genau diese Drachen – vielen von uns dürften sie vertraut erscheinen – heißt es anzugehen.

Christopher Schrader und das klimafakten.de-Team zeigen Mechanismen und Gegenstrategien auf und erklären, wie man Menschen mit Gesprächen zu Klimaschutz motiviert. Denn um die Lücke zwischen Wissen und Handeln zu schließen, ist die Art und Weise, wie wir über das Klima sprechen, ganz zentral.

Share article